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Konjunkturpaket: Eine Runde für alle

Marx, Murks und Merkel: Das Konjunkturpaket setzt zu wenig auf Investitionen. Ein durchschnittliches Sammelsurium soll die Antwort auf die Rezession sein. Die Koalition will sich scheinbar durch die Krise mogeln.

Es fehlt nur noch, dass der Bund die Branntweinsteuer aussetzt und das als Konjunkturimpuls verkauft. Eine gewisse Logik hätte das ja - billiger Schnaps hebt den Umsatz und die Stimmung. Und der Staat müsste auf gerade einmal zwei Milliarden Euro im Jahr verzichten. Geschenkt, in diesen Zeiten mit so vielen Nullen.

Zynismus beiseite. Das größte deutsche Konjunkturpaket aller Zeiten - zu dem Superlativ später mehr - ist deswegen schlecht, weil die Koalition versucht, es allen und jedem recht zu machen. Und der Zauber wirkt: Niemand kritisiert alles an dem 50-Milliarden-Mustopf, die Einsprüche betreffen Aspekte, Details, Kleingedrucktes. Ja, aber - überall.

Doch da so viele Komponenten zu dem Paket gehören, ist die Wirkung jeder einzelnen absehbar gering. Glaubt wirklich jemand, dass die Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 14 Prozent einen Ansturm in den Kaufhäusern auslöst? Dass die Anhebung des Grundfreibetrags um 170 Euro oder die 100 Euro für jedes Kind, egal ob Milliardärssprössling oder Sozialfall, zu Schlangen bei den Autohändlern führen? Apropos, da gibt es ja auch noch die Abwrackprämie: Ein Auto muss nach neun Jahren weniger als 2500 Euro wert sein, damit die lohnt - ohne Unfall ist das kaum zu schaffen.

Senkung des Eingangssteuersatzes - gerecht, aber nicht unbedingt hilfreich.

Marx, Murks und Merkel hieß es jüngst treffend bei der FDP. Dabei sind vor allem die Komponenten zu kritisieren, die bei den Einkommen der Bürgern ansetzen - weil denen die Vernunft zum Sparen rät. Einige Milliarden werden so verpuffen. Es mag gerecht sein, den Eingangssteuersatz zu senken. Aber der Konjunktur hilft es kaum.

Der wirksamste Teil des Pakets besteht in einem Investitionsprogramm von 18 Milliarden Euro, das also nur gut ein Drittel der Gesamtsumme ausmacht. 18 Milliarden, das ist ein Wort. Aber es sind 18 Milliarden für zwei Jahre, und die Länder müssen ein Fünftel beisteuern. Angesichts der langen Wunschlisten dürfte das Geld schnell weg sein. Trotzdem: Hier kann der Staat zielgerichtet wirken. Mehr Geld für Kitas, Schulen, Hochschulen rechnet sich ganz sicher, auch auf Pump.

Dass Deutschland schon zu Beginn der Krise und mit insgesamt wenig durchschlagenden staatlichen Maßnahmen eine höhere Neuverschuldung denn je bevorsteht, ist indes alarmierend. Erst recht, wenn der historische Vergleich die Dimension des Pakets relativiert. Mit dem ersten Anlauf zusammen kommt man bei wohlwollender Rechnung auf 80 Milliarden Euro in zwei Jahren. Das sind jährlich ungefähr 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also nur etwas mehr als bei einem der Konjunkturpakete von Helmut Schmidt in den 70ern und sogar weniger als 1967. Die damalige große Koalition kam - in viel weniger düsteren Zeiten - auf 1,8 Prozent.

Ein durchschnittliches Sammelsurium soll die Antwort auf die tiefste Rezession der Nachkriegszeit sein. Die Koalition will sich gleichsam durch die Krise mogeln. Ihr fehlt der Mut zu Klarheit und Wahrheit - und am Ende könnte das teurer werden als all ihre Pakete und Päckchen zusammen.

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