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Auch die Grünen erscheinen in der Öffentlichkeit nicht immer im besten Licht.

© dpa

Kontrapunkt: Die Welt vor Wichtigtuern und Titelhubern schützen

Die Grünen wollen den Doktortitel aus dem Personalausweis streichen lassen. Was fällt ihnen als nächstes ein? Und was sagt das über die Partei aus?

Die Grünen haben schon wieder eine Idee: Sie wollen den Doktortitel aus dem Personalausweis streichen lassen. Der Anlass für diese Forderung ist natürlich die Plagiatswelle, die über CDU, CSU und FDP hinweggeschwappt und dort die besten der besten mit sich in den politischen Abgrund reißt. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Partei, Krista Sager, meint jedenfalls, der „Dr.“ werde „zu oft für gesellschaftliche Eitelkeiten und Titelhuberei genutzt“. Sager selbst könnte ihren Ausweis praktischerweise behalten, sie hat zwar studiert, Deutsch und Geschichte auf Lehramt, aber nicht promoviert; womöglich fehlte ihr damals die Zeit, sie war politisch schon sehr engagiert als Mitglieder der Sozialistischen Studenten Gruppe des Kommunistischen Bundes Westdeutschland. Vielleicht war es ihr auch zu mühsam, endlose Zitate in eine alte Olympia-Schreibmaschine zu hacken, oder ihr fehlte das Geld für einen Ghostwriter, egal, einen Titel trägt sie jedenfalls nicht.

Man muss den Vorschlag wohl in der Tradition der Partei sehen, für jeden Topf einen Deckel zu suchen. Der Wahlkampfleiter der Berliner Bürgermeisterkandidatin fährt betrunken Auto? Klarer Fall, da muss ein absolutes Alkoholverbot für alle her. Ein paar eilige Karrieristen haben es trotz Fahrbereitschaft des Bundestages, Kindermädchen und beigeordnetem Wissenschaftlichem Dienst nicht geschafft, ihre Arbeit selber zu schreiben? Logo, da geben doch am besten gleich mal alle ihre Titel ab, jedenfalls auf dem Ausweis, sicher ist sicher. Nicht dass die noch unkontrolliert damit herumtitelhubern. Und kostet ja auch nicht viel, bei etwa einer Millionen Doktortitelträgern in Deutschland und Gebühren von knapp dreißig Euro pro Ausweis macht das… Moment, ist gleich kopiert – also ungefähr dreißig Mal eine Millionen Euro, oder umgedreht, egal, jedenfalls eine Summe, die locker aus der Wahlkampfkasse der Grünen beglichen werden könnte und sollte, ist ja offenbar ein wichtiges Thema.   

Andererseits: Steht nicht eher viel zu wenig drin in den Personalausweisen? BMI, IQ, Einkommen, will man doch alles wissen! Arbeitgeber, Automarke, durchschnittliche Biobilanz, Ergebnisse des Ökotests, persönlicher CO2-Ausstoß… und das Wahlverhalten nicht zu vergessen, ist doch gut, wenn gleich klar ist, wer die Grünen wählt und damit die Welt vor Wichtigtuern rettet. Die bekommen jedenfalls einen grünen Ausweis, damit das gleich klar ist. Und der Dr.-Titel, der muss natürlich auch drauf bleiben - wie soll man denn sonst die ganzen Plagiatoren erkennen? 

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