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Zu Guttenberg hat aber auch seine Ehefrau Stephanie dabei. Das Glamourpaar der deutschen Politik will sich mit seinem Truppenbesuch solidarisch zeigen. Kritiker sprechen von einer PR-Inszenierung.

© dapd

Kontrapunkt: Kriegsweihnacht mit Kerner

Die Medienresonanz auf den Afghanistan-Besuch der Guttenbergs ist verhalten bis verhämend und verheerend - Zeit für Lorenz Maroldts "Kontrapunkt" über einen Familienausflug an die Front mit Propagandamoderator.

Der Inszenierung kann niemand entgehen, selbst Gysi und Gabriel gehören dazu, allerdings in Nebenrollen. Im Grunde ist Deutschland ein verklemmtes Land, wenn es um Glamour und Gewehre geht. Nun also auch bei den Guttenbergs. Bis auf wenige Ausnahmen ist die Medienresonanz verhalten bis verhämend und verheerend, der Familienausflug an die Front kam in der Heimat zwar ganz groß raus, aber nicht so richtig gut an. Warum eigentlich ist das so? JFK und Jackie, Barack und Michelle Obama, die gelten auch hierzulande eher als bewundernswert, obwohl ihre Auftritte bis ins Detail durchinszeniert waren und sind. Aber bei den Guttenbergs, da laufen gleich die Sauertöpfer über.

Nur die Haus- und Hofpostille der Freifrau von und zu Guttenberg, geborene von Bismarck-Schönhausen, die Bild-Zeitung, feiert den Auftritt der Ministergattin als toll und mutig. Wie sie da im bunten Karohemd mit der Truppe in der Feldkantine ihre Suppe tapfer auslöffelt, wie sie sich, in hellen Wildleder-Ugg-Boots mit Fellfütterung von einem Uniformierten den Lagebericht erstatten lässt, das hält der Kolumnist des Blattes für „großartig“. Und da hat er ja auch Recht, auf gewisse Art und Weise. Der Truppenbesuch ist jedenfalls großartig genug, um die gesamte Öffentlichkeit von ein paar Nebensächlichkeiten abzulenken, wie die Pädophilenhatz Stephanies im Trash-TV, den Spendennebel über ihrem Kinderschutzverein, die Anti-Porno-Attacke auf Beinahe-Oma Madonna, die Schlägereien in der Bismarckschen Verwandtschaft - und auch die Lage in Afghanistan. Die ist nicht gut, wie der am Montag veröffentlichte, aber von Stephanies Modeschmuckgeklimper weitgehend übertönte „Fortschrittsbericht“ der Bundesregierung zeigt.  

Aber so denken die Vons und Zus wahrscheinlich nicht. Sie zeigen jedenfalls eine frische Adelsnormalität, garniert mit kleinen Streicheleinheiten auf die Partnerwangen vor Kameras und Kameraden, demonstrieren locker ihre absolute Unabhängigkeit von allen, die ihnen nicht wohl gesonnen sein könnten. Jeder Anflug von Zweifel, sollte es den denn geben, wird vorsorglich weggestrahlt, gerne auch in der zwischenzeitlich angelegten Splitterschutzweste.

Die Opposition hofft einstweilen vergeblich, dass die Guttenbergs auf ihrer Ken-und Barbie-Soap ausrutschen. Die Soldaten werden missbraucht? Die Soldaten sind begeistert! Stephanie ist zwar keine Marlene Dietrich oder Marilyn Monroe, sie ist auch nicht Jessica Simpson oder gar Scarlett Johansson, die alle ihren Truppen eingeheizt haben. Aber die Bundeswehr ist schon glücklich, wenn Stephanie „als Frau und Mutter“, wie sie sagt, im Schlepptau von K.T. anrückt und mal nach dem Rechten schaut. Dort, in Afghanistan, lacht auch keiner spöttisch, wenn die Guttenbergs sagen, dieser Besuch kurz vor Weihnachten sei für sie „eine Frage des Herzens“, und sie wollten „als Bürger danke“ sagen. Die Soldaten haben zu recht das Gefühl, in Deutschland verdrängt, wenn nicht vergessen zu werden, das ganze Afghanistan ist den  meisten Menschen einfach nur lästig.

Am Donnerstag aber werden wahrscheinlich Millionen ihren Fernseher einschalten, um zu sehen, was der Propagandamoderator Johannes B. Kerner im deutschen Lager mit dem Verteidigungsminister zu besprechen hatte. Für Kerner, der ja ansonsten mit seinem Sat-1-Geplapper quotenmäßig eher vor Stalingrad liegt, ist das ein echter Überraschungsangriff mit Wunderwaffe. Statt Studio ein Zelt, statt Busladungen voller Frührentner aus Recklinghausen auf der Zuschauertribüne echte Soldaten im Tarnanzug als Kulisse, im Hintergrund rollt schweres Material durch den Staub, im Vordergrund zwei lässige Herren, der Minister und sein Moderator, ja, so lässt sich Deutschland eine Kriegsweihnacht gerne gefallen. Fehlt nur noch, dass Tom Cruise als Top Gun salutiert und Florian Henkel von Donnersmarck Regieanweisungen gibt. Und bei dem ganzen Bohei geht völlig unter, dass die Guttenbergs, modern gewandet, aber traditionsbewusst, das Verteidigungsministerium zu einer neuen Art von Familienministerium gemacht haben. Nicht nur er ist Minister, sie sind es beide, selbsternannt, Karl-Theodor und Stephanie, die alles teilen, auch das Amt. Und morgen fahren wir mal nach Afghanistan, Schatz! Das tut uns beiden gut.   

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