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Sie könnte vom Thema Europa politisch profitieren: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

© dapd

Kontrapunkt: Merkel hat gewonnen

Mit seinem Vorschlag für eine Volksabstimmung in Sachen Europa öffnet Finanzminister Schäuble der Kanzlerin den Weg zur Wiederwahl. Wer das richtige Europa will, soll für sie sein - so lautet Merkels Option für den Wahlkampf.

Europa vor dem großen Schritt – diese Aussicht wird gegenwärtig für eine Mehrheit in Deutschland nicht eben die Verheißung sein. Dazu sind die Euro-Szenarien viel zu erschreckend. Und wir werden doch jeden Tag daran erinnert, wenn Scheine oder Münzen über die Ladentheke gehen. Bei diesem Thema gibt es kein Entkommen, scheint’s.

Gerade darum aber ist es klug, den Stier bei den Hörnern zu packen, um im europäischen Bild zu bleiben: Gerade weil Europa unser aller Schicksalsthema ist, muss es angenommen, übernommen werden. Wer das als Erster erkennt, der gewinnt. Es sieht so aus, als habe Wolfgang Schäuble das als Erster erkannt.

Der Minister hat einer Volksabstimmung in und über Europa das Wort geredet. Das ist in der Tat ein großes Thema. Der Aufbau einer wirklichen politischen Union auf dem Umweg über die Wirtschaft muss einhergehen mit einer Demokratisierung der Strukturen. Ganz dringend sogar; mehr Volksbeteiligung und weniger Bürokratie, beides zusammengenommen ist herausragend wichtig für jedwede Akzeptanz, zumal in Zeiten der Piraten. Wer das Thema besetzt, der besetzt die Begriffe und bestimmt den Gang der Dinge, mindestens den der Diskussion.

Das erinnert an Franz Josef Strauß selig, den ehemaligen CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten, einen Granden des Konservativismus, der einmal meinte, der Konservative bewege sich an der Spitze des Fortschritts: um Richtung und Tempo vorzugeben. So macht es Schäuble. Und er macht noch etwas anderes: Er öffnet Bundeskanzlerin Angela Merkel den Weg zur Wiederwahl.

Merkel bietet keine Angriffsfläche

Sie hat eine Option gewonnen. Der Kanzlerin mangelte es bisher ja an einem überwölbenden Projekt, geradezu einer Vision. Das ist Europa. Es wird als Vision aber nur in der von Schäuble thematisierten Weise dauerhaft akzeptiert. Der Souverän, der Wähler, muss mitreden können. Folglich führt auf die Dauer kein Weg daran vorbei. Womit wir bei Merkel sind. Sie, die bisher immer abwartend, ja zögerlich gehandelt hat, kann andererseits nun genau die sein, der die Menschen abnehmen, dass sie nur das nötige, das rechte Maß an Veränderung zulassen wird.

Das wiederum erinnert an den Slogan „Keine Experimente“, mit dem Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Bundesrepublik (West), 1957 zur Wiederwahl antrat. Er holte die absolute Mehrheit. Also, dazu wird es nicht kommen; aber die Kanzlerin, die keine unnötigen Experimente macht, die das Nötige tut und allen die Angst vor einem „Monster Europa“ nimmt, das ist – eine Strategie.

Mit der lassen sich die Sozialdemokraten schlagen. Die wollen nämlich gute Europäer sein und können deshalb nicht Front gegen Vernunft machen. Hier können sie Merkel schon mal nicht angreifen; auch nicht mit einem noch volltönenderen „mehr Europa“. Innenpolitisch bleibt der SPD aber auch nicht viel Angriffsfläche. Den Deutschen geht es, nicht nur im Vergleich, gut. Warum sollen sie dann Merkel abwählen? Stand heute, wird die Mehrheit es nicht.

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