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Ganz Berlin wundert sich gerade über den auffälligen Kuschelkurs zwischen SPD und CDU.

© Reuters

Kontrapunkt: Mit Wowereit legt sich keiner an

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU nehmen karnevaleske Züge an. Trotz offensichtlicher Finanzierungsprobleme bleiben SPD und CDU auch in Sachen Kulturpolitik auf Kuschelkurs - vorerst.

In rheinischen Städten, den immer als karnevalesk angesehenen, wird in solchen Fällen sofort das Schunkellied angestimmt: Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat so viel Pinke-Pinke, wer hat so viel Geld… Und humtata. Ja, richtig geraten, es geht hier gerade um Kultur, in diesem Falle um Berlins Kultur. Die Leute sollen ja nicht sagen, wir hätten in der Stadt keine. Wobei: Eine Art Karneval der Kultur haben wir schon, zumindest was die gegenwärtigen Übertreibungen angeht.

Jetzt will also der regierende Kultursenator in den rot-schwarzen Koalitionsgesprächen seine Zentral- und Landesbibliothek in Tempelhof durchsetzen, außerdem die zentrale Kunsthalle. Die Berliner sollen wahrscheinlich später nicht sagen, Klaus Wowereit hätte doch nichts für Kultur übrig gehabt, oder keinen Plan für irgendwas. Umgekehrt wollte noch jeder Sonnenkönig mit Bauten im Gedächtnis bleiben, von Louis XIV. über George Pompidou bis hin zu Helmut Kohl. Warum nicht auch Wowereit?

Jetzt wird er vermutlich indigniert sein. Nur, als ihn sein Finanzsenator in der abgelaufenen Legislaturperiode fragte, wofür er ihm denn Geld im Haushalt zusammensparen solle, da kam jedenfalls öffentlich bemerkbar nichts. Dabei hätte er seine Zahlenkompetenz mit Politstringenz verbinden können. Finanzpolitik ist doch, wie das Wort schon sagt, immer auch Politik und nicht nur Sparen. Und das Sparen darf nicht nur erlitten, sondern muss gestaltet werden. Witzig, dass der parteilose Finanzsenator das bis jetzt eher zu beherzigen scheint. Das für Baupläne nötige Geld hat er trotzdem nicht.

Was für eine Kuschelkoalition Rot-Schwarz werden kann, zeigt sich daran: Wenn die Grünen sich so über die Bibliothek geäußert hätten, nämlich so dermaßen ablehnend, wie das Michael Braun von der CDU bereits mehrfach getan hat, dann hätte Wowereit bereits die ganze Kälte verströmt, zu der er fähig ist. Machtmensch, der er bekanntermaßen ist. Und aus Braun wäre ein Ratzmann geworden.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. In diesem Fall. Wowereit kann nachtragend sein und außerdem schwer vergessen. Das heißt, dass Braun einen Senatorenposten vergessen kann, wenn er denn auf einen spekuliert haben sollte. Er zählt im Übrigen zu jener CDU, die, wenn sie allein bei den Gesprächen das Sagen hätte, Wowereit herausfordern könnte, auch die zweiten Koalitionsverhandlungen scheitern zu lassen. 

Wird er nicht. Wenn Klaus Wowereit das bekommt, was er will, dann ist das für ihn doch gut so. Kultur ist ja auch nur ein anderes Wort für „den Acker bestellen“.

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