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Norbert Röttgen (CDU): Wieder ein als Spitzenkandidat gescheiterter Katholik.

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Kontrapunkt: Norbert Röttgen: Der letzte Katholik

Mit Norbert Röttgen ist wieder ein prominenter Katholik jäh aus der deutschen Politik abgestürzt - nach Guttenberg, Wulff und Rösler. Doch die Erosion der katholischen politischen Repräsentanz ist für Protestanten ein Problem.

Nun also Norbert Röttgen. Wieder so ein Hoffnungsträger, den die Hoffnungen nicht beflügelten. Und noch etwas fällt auf, wenn man sich die Liste derjenigen in der deutschen Politik anschaut, die in der vergangenen Zeit jäh abstürzten: Es sind allesamt Katholiken. Ob Karl-Theodor zu Guttenberg oder Christian Wulff, Philipp Rösler oder Annette Schavan – über populäre Katholiken verfügen CDU und FDP nicht mehr. Ohnehin war deren Zahl im Kabinett nach dem Ausscheiden von Franz Josef Jung und eben Guttenberg schon arg geschrumpft. Die Neuzugänge, Kristina Schröder und Hans-Peter Friedrich, sind beide evangelisch.

Doch so auffallend wie heute war der konfessionelle Bedeutungsunterschied in einer bundesdeutschen Regierung noch nie. Die Balance, die seit der Nachkriegszeit stets angestrebt worden war, ist dahin. Die Absteiger, Rösler und Schavan, gehören dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken an. Mit Angela Merkel, Wolfgang Schäuble, Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen dominieren das Erscheinungsbild prominente und engagierte Protestanten. Komplettiert wird das Bild durch Joachim Gauck an der Spitze des Staates.

Dazu passt, dass bei dem am Mittwoch beginnenden Katholikentag in Mannheim mit Gauck und Merkel erneut zwei Protestanten den politischen Impuls setzen. Denn man blickt in die Runde und fragt sich: wer sonst? Klaus Wowereit ist durch das Flughafendebakel leicht lädiert, bei Wolfgang Thierse sind die Menschen immer noch überrascht, wenn sie von seiner Konfession erfahren, die die meisten eher in der evangelisch-lutherischen Tradition vermuten.

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Nun führt es womöglich kaum weiter, über die Gründe für diese Erosion der katholischen politischen Repräsentanz in Deutschland zu spekulieren. Dennoch muss sie auch Protestanten besorgen. Die christliche Koexistenz kann kaum gedeihen, wenn eine Seite derart schwächelt. Sie neigt dann leichter zur Abwehrhaltung, worauf einige katholische Reaktionen auf die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum bereits hindeuten. So meint der vatikanische Ökumene-Minister, Kardinal Kurt Koch, die Reformation sei eine „Sünde“ gewesen und könne daher nicht gefeiert werden. Der Erfurter katholische Bischof Joachim Wanke empfiehlt, ausgerechnet zum Reformationsgedenken nicht nur Martin Luther, sondern mehr noch Jesus Christus in den Blick zu rücken.

Protestanten sollten sich hüten, ob der Entwicklung in Hybris zu fallen. Auch in Sachen Demut könnten sie ein Beispiel sein.

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