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Bei Opel ist seit Jahren immer fünf vor Zwölf. Ein Zustand mit Methode?

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Kontrapunkt: Opel wird der Angst geopfert

Sparkurs, mögliche Werksschließungen: Detroit verliert mal wieder die Geduld mit Opel. Im weltweiten Machtpoker der Autoindustrie werden die Rüsselsheimer wohl zum Bauernopfer und sterben aus Angst vor asiatischen Herstellern einen langsamen Tod.

Es ist ein Nervenkrieg mit Ansage, der sich in diesen Tagen wieder über Rüsselsheim entfacht, eine selbstfabriziertes Possenstück, das den Beschäftigten in diesem Sommer ein weiteres Mal übel mitspielen wird. Das Frühjahrstheater mit Ansage um Opel im Allgemeinen und die Werke Bochum und Ellesmere Port in England im Besonderen beginnt. Sparankündigungen, Proteste, Hilferufe und die ganze öffentliche Entrüstung drumherum. Und jetzt wird in Nordrhein-Westfalen auch noch gewählt.

In Bochum geht am Fließband schon länger die Angst um. Jedes Jahr im Februar, wenn die Geschäftszahlen von General Motors und damit auch die von Opel verkündet werden, zuckt man im dortigen Opel-Werk zusammen und spitzt die Ohren. Was wird als Konsequenz aus dem erneuten Minus im Europa-Geschäft folgen? Wie werden die Zahlen interpretiert? Welche Aussichten hat man in Detroit für die dauerkranke europäische Tochter? Redet eines der Vorstandsmitglieder von Einschnitten oder neuen Sparmaßnahmen?

Auch Wolfsburg mischt mit

Sie können einem leid tun, die Arbeiter und Angestellten in Bochum, in Rüsselsheim und in den anderen Werken von Opel. Seit Jahren taumelt der traditionsreiche Autobauer von einer Krise in die nächste. Und das nur, weil General Motors jegliche Strategie in Sachen Opel abhanden geht. Detroit lässt Opel am langen Arm verhungern und macht daraus ein zweites Saab. Ein Dahinsiechen bis zum endgültigen Aus. Immer wieder stellt sich die Frage: Warum?

Fertigung im Werk Bochum: Der Autobauer Opel wird mit jeder Krise mehr und mehr ausgehöhlt.
Fertigung im Werk Bochum: Der Autobauer Opel wird mit jeder Krise mehr und mehr ausgehöhlt.

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Die Antwort liegt natürlich bei General Motors. Aber auch Volkswagen, BMW und Mercedes könnten Interessantes dazu sagen. Denn dort herrscht große Angst vor den Asiaten. Deshalb darf Opel auf keinen Fall, so der geheime transatlantische Konsens, Hyundai oder gar den Chinesen in die Hände fallen. Wertvolles deutsches Ingenieurswesen droht abzuwandern. Und das könnte langfristig fatale Folgen für die Autobauer dies- und jenseits des Atlantiks haben. VW-Chef Martin Winterkorn sieht schon jetzt den koreanischen Hyundai-Konzern als gefährlichsten Wettbewerber. Auf dem Weg vom Billiganbieter zum ernsthaften Konkurrenten haben ein Motorenentwickler von VW und ein Chef-Designer von Audi kräftig mitgeholfen. Was würde erst passieren, wenn Hyundai nun ganz Opel mit all seiner technologischen Kompetenz auf einen Schlag in die Hände fiele?

Opelaner sind die Dummen

Dennoch ist es nicht richtig, dass Detroit diesen Machtkampf auf dem Rücken der Beschäftigten austrägt. Den Managern fehlt jeglicher Plan im Umgang mit Opel. Einerseits lassen sie ihre Billigmarke Chevrolet auf die ohnehin schon gesättigten europäischen Märkte los und zwingen die Händler zu einem Preiskampf im eigenen Haus. Auf der anderen Seite kooperieren sie mit dem französischen PSA-Konzern bei Einkauf und Modellentwicklung.

Deren Marken Peugeot und Citroën sind aber direkte Konkurrenten von Opel. Die wichtigsten und erfolgreichsten Modelle treten direkt gegeneinander an. Die Verbindung könnte man als Anfang vom Ende für Opel sehen. Je enger GM mit PSA zusammenarbeitet, desto weniger braucht GM Opel. Irgendwann nicht mal mehr das so hoch gelobte Entwicklungszentrum in Rüsselsheim. Das ist aber eine der wenigen Lebensversicherungen für Opel. Wenn sich dort eines Tages die Pforten schließen sollten, ist das Ende der Marke nur noch eine Frage der Zeit. Hinzu kommt die Tatsache, dass mit jeder Krise das Image der Marke immer wieder ramponiert wird. Monatelange Aufbauarbeit wird mit einem Satz aus Detroit zunichte gemacht.

Nächste Sparrunde ist schon absehbar

Es sieht schlecht aus für die Marke mit dem Blitz. Im Lichte des nordrhein-westfälischen Wahlkampfs ist das Ping-Pong-Spiel zwischen Gewerkschaften, Politik und dem General-Motors-Konzern schon abzusehen. Proteste in Bochum, Politikerbesuche, Absichtserklärungen, Solidaritätsbekundungen und als Ergebnis höchstens eine Rettung für kurze Zeit auf Rücken der Beschäftigten. Gut möglich, dass das Bochumer Werk schon dieses Mal nicht mehr zu retten ist. Wenn aber alle wieder abgezogen sind, wird es immer noch kein Konzept für Opel geben und die nächste Sparrunde mit neuerlichen schmerzhaften Einschnitten dürfte höchstens zwei bis vier Jahre auf sich warten lassen.

Das Ende wird dann wohl so aussehen wie bei Saab. Wenn nur noch eine leere Hülle da ist und interessante Technik in Detroit gebunkert wurde, geht es wohl zum Verkauf des traurigen Restes. Das Händlernetz wird jetzt schon umgestellt, die technologische Kompetenz Stück für Stück abgezogen. Was bleiben wird sind viele Erinnerungen an einen einst innovativen und erfolgreichen Autobauer, der mit viel Herzblut Autogeschichte geschrieben hat. Und viele arbeitslose Opelaner, die einfach nur Opfer im Kampf der Giganten wurden. Es wäre ihnen wahrlich ein anderes Schicksal zu wünschen. Aber so ist das eben im Schach, die Bauern können eine entscheidende Rolle haben, in der Regel aber werden sie aus strategischen Gründen vom Brett gefegt. Opel scheint da keine Ausnahme zu werden.

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