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Kontrapunkt: Rechts, links, lechts, rinks

Die Grünen haben in Hamburg ein paar Punkte gewonnen, doch als verlässlicher Partner haben sie sich nicht erwiesen. Stephan-Andreas Casdorff fragt, was an den Grünen so viel besser sein soll als an der FDP.

Da stehen sie nun und sagen, sie hätten auch gewonnen. Diese Grünen – ihr Name sei Chuzpe. Natürlich haben sie in Hamburg ein paar Punkte gewonnen. Nur erstens viel weniger als gedacht, zweitens haben sie mit ihrer Art und mit ihrer Art der Rede verloren: Vertrauen in eine zusätzliche politische Perspektive.

Unsäglich, wie die Grünen in der zweitgrößten Stadt Deutschlands ihren immerhin selbst gewählten Koalitionspartner, die CDU, haben hängen lassen. Als wäre die verantwortlich für eine Schulpolitik, die schlussendlich die Koalition gekippt hat. Das zeigt so viel: Die Grünen sind keine Hamburg-Partei, sondern eine Kiezpartei in Hamburg. Und sie sind als Partner nicht verlässlich. Oder hat einer (eine) von ihnen gesagt, das war auch unsere Schuld, das Desaster?

Wenn das Rückschlüsse auf den Charakter der Grünen als Regierungspartei in schwierigen Konstellationen zulässt, dann – hatte Gerhard Schröder, der vormalige Kanzler, immer recht. Die Grünen sind die, die am liebsten auf dem Promenadendeck stehen. Sie haben mit nichts was zu tun, außer, es gelingt. Dann waren sie schon immer dafür. Wenn etwas nicht klappt, dann haben die anderen nicht auf sie gehört. Die CDU in Hamburg nicht, die SPD im Bund sowieso nicht.

Chuzpe! Was soll an den Grünen so viel besser sein als an der FDP? Bei der weiß man wenigstens, wofür sie steht, ein-eindeutig ist das und für jeden klar. Immerhin. Das kann man wenigstens genau so klar ablehnen. Die Grünen dagegen wollen jetzt von allem profitieren, bei allen Potenzial abgreifen, rechts, links, lechts, rinks, alles eins, alles meins. Was aber ist ihr Überzeugungskern? Drum Vorsicht mit der Kritik an Plagiatoren!

Aber ihr Verhalten spricht sich rum. Bei den Hartz-Verhandlungen, in denen es darum ging, in mühseliger Kleinarbeit Verbesserungen für Menschen am unteren Ende der Gesellschaft zu erreichen, sind sie ausgestiegen! (Das Argument, alle Beschlüsse müssten gerichtsfest sein, ist so papiern, dass es manche Beteiligte noch im Nachhinein weiß vor Wut werden lässt. Zurecht: Gerade dann hätten sie doch drin bleiben müssen.)

So ganz allmählich werden die scharfen Töne der gebürtigen Hamburgerin Angela Merkel über die Grünen erklärlich. In der Rückschau wird es deutlich: Ole von Beust war den grünen Gremienprofis von Anfang an nicht gewachsen, er konnte ihnen außerdem in seinem Wunsch nach einer alle Parteien überwölbenden Liberalität nicht widerstehen. Wer das nicht kann, wer nicht genau weiß, was erb will, der verliert, und zwar mehr als ein paar Pünktchen.

Das werden die anderen Spitzenkandidaten in Berlin spätestens jetzt wissen.

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