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Meinung: „Krachen und knallen …

… muss es hier mindestens.“ Sie haben ihn geliebt und gehasst.

… muss es hier mindestens.“

Sie haben ihn geliebt und gehasst. „Kopulationstheater“ schrien CDU-Abgeordnete ihm hinterher – und das Publikum in Hamburg wollte ihn zuletzt gar nicht mehr gehen lassen: Ende dieser Woche verlässt Tom Stromberg nach fünf Jahren Intendanz das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg – für Streckenthin, ein kleines Dorf in Brandenburg.

Im Sommer 2000 hatte Stromberg die größte deutschsprachige Bühne von Frank Baumbauer übernommen. Kein leichtes Erbe. Zuvor war er zehn Jahre am Frankfurter Theater am Turm, dann vier Jahre Kulturchef der Expo Hannover. Als Schauspielhausintendant kämpfte er sich durch Kritik und Krisen, durch rote Zahlen und durch dumpf populistische Kulturpolitik. Er hielt sich mal wacker und wütend, mal trotzig und laut; nur selten war er einfach diplomatisch. Stromberg, ein „Kriseneuphoriker“, wie ihn die damalige Kultursenatorin Christina Weiss einst nannte. Ihre Nachfolgerin Dana Horáková, Ex-Kulturchefin der „Bild“, schickte Stromberg Wirtschaftsprüfer. Als sich im Mai 2003 der damalige Innensenator Ronald Schill für eine Schließung aussprach, kündigte Stromberg seinen persönlichen Countdown an.

Doch statt „zwei Jahren Wahnsinn“ engagierte der 45-Jährige Jungstars von der Leinwand weg. Robert Stadlober, Nora Tschirner, Devid Striesow oder August Diehl spielten nun. Die Inszenierungen wurden nicht wirklich besser, das 1000-Plätze-Haus aber sichtlich voller. Stromberg habe da „begriffen, dass dieses Haus immer den größten Wurf, den berühmtesten Schauspieler braucht. Hier muss es mindestens krachen und knallen.“ Erst ganz zuletzt gelangen ihm umjubelte Treffer: Stefan Puchers „Othello“ und Jan Bosses „Faust“ mit Edgar Selge.

Jetzt geht Stromberg hinaus aufs Land, nach Brandenburg. Dort hat er mit Peter Zadek die „my way production“ gegründet und ist Geschäftsführer der GmbH in einem alten Herrenhaus in Streckenthin. Dort werden sie vor allem Shakespeare proben. Die Wiener Festwochen, die Berliner Festspiele und die Ruhr-Triennale stehen zur Koproduktion bereit. Bis dahin gibt es noch ein paar „letzte Tage Wahnsinn“: Mit letzten Gastspielen, letzten Inszenierungen und jeden Abend einer letzten Party. Am 25. Juni werden die Ersten dann die Letzten sein: Jérôme Bels schwer konzeptionelle Gesamtensemble-Eröffnungsinszenierung von anno 2000 ist allerletzte Vorstellung im Stromberghaus, frei nach der Devise: „The show must go on“.

Katrin Ullmann

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