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Meinung: Kreatives Denken ist gefragt

Von Clemens Wergin

Deutschland beteiligt sich ein weiteres Jahr am Antiterroreinsatz „Enduring Freedom“. Und auch wenn die Mehrheit im Bundestag überwältigend war, so fiel sie doch nicht so groß aus wie in den Jahren zuvor. Das lag vor allem an den Grünen, die ein Jahr nach dem Machtverlust in der Opposition angekommen sind und nicht mehr zu einem Einsatz stehen wollen, den sie einst mit beschlossen haben. Nun gibt es viel Anlass für Kritik an „Enduring Freedom“ und am deutschen Engagement in Afghanistan allgemein. So wird von vielen Verbündeten bemängelt, dass der Aufbau der Polizei, den die Deutschen übernommen haben, nur schleppend vorankommt. Und es ist auch kein Zufall, wenn die Bundeskanzlerin und ihr Verteidigungsminister auf der Tagung „Impulse 21“ einen vernetzten Ansatz in der Sicherheitspolitik anmahnen. Denn auch das Entwicklungshilfeministerium könnte mehr tun, um den Afghanistaneinsatz zu flankieren. Es reicht eben nicht, zu sagen, dass das Land mit militärischen Mitteln allein nicht zu befrieden ist: Irgendjemand muss dann auch bereit sein, größere Anstrengungen im zivilen Bereich zu unternehmen und zu finanzieren.

Was wir brauchen, ist also nicht etwa ein „raus aus Afghanistan“, sondern Afghanistan plus: Es bedarf besserer Konzepte, um in den umkämpften Gebieten ein Umfeld herzustellen, das den Menschen dort Anreize gibt, auf die Zentralregierung in Kabul zu setzen und nicht auf eine Rückkehr der Taliban. Afghanistan wird so nicht nur zum Test für die Nato, sondern auch dafür, ob die Instrumente, über die Deutschland zurzeit verfügt, tauglich sind für die Konflikte der Zukunft. Denn die Lehren aus Bosnien, Kosovo, Afghanistan und Irak sind ja weitgehend dieselben: Nach einer kurzen Phase des militärischen Konflikts folgt eine lange Phase des „nation building“. Und für die Rekonstruktion von politischen Systemen, Institutionen und Wirtschaft haben Deutschland und seine Verbündeten noch keine Erfolgsformel gefunden. Auch Berlin muss hier kreativer werden. Vielleicht brauchen wir ja eine Aufbaubrigade, die den italienischen Carabinieri im Ausland ähnelt, einer kasernierten Polizei. Und vielleicht müssen wir, wie es die Amerikaner mit USAID tun, unsere Entwicklungspolitik einer kompletten Revision unterziehen und stärker einbinden in die Ziele unser Außen- und Sicherheitspolitik. Fragen, über die zu streiten sich allemal lohnen würde.

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