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Benjamin Netanjahu.

© Reuters

Rückendeckung fehlt: Kriegsgerassel: Israel droht Iran

Die Drohungen Israels gegenüber dem Iran passen perfekt zur Popularitätspolitik von Benjamin Netanjahu. Schon mit den Angriffsdrohungen hat er sein wichtigstes Ziel erreicht.

Israel wird den Iran und dessen Atomanlagen nicht allein angreifen. Diese Prognose sei gewagt, weil sie kein Wagnis ist. Denn erstens hat Benjamin Netanjahu seine wichtigsten Ziele schon mit seinen Angriffsdrohungen erreicht. Und zweitens fehlt für einen solchen Angriff die absolut notwendige internationale Rückendeckung. Daran kann auch das britische Kriegsgerassel nichts ändern.

Schärfste oder zumindest schärfere Sanktionen als bisher gegen den Iran verlangt nicht nur Israel. Sie dürften bald erlassen werden, insbesondere um einen Waffengang, also einen israelischen Angriff, zu verhindern. Das wollte Netanjahu. Zwar glaubt auch er nicht, dass Sanktionen die iranische A-Bombe im letzten Augenblick verhindern können. Doch nun ist die internationale Gemeinschaft endgültig gefordert – und damit die Gefährdung Israels durch den Iran erheblich reduziert.

Jerusalem, das sich mit seiner Politik in anderen Bereichen selbst immer mehr isoliert, verschafft sich nun eine neue politische Rückendeckung zumindest gegenüber dem Iran. Ob es darüber hinaus im Notfall – also wenn der Iran zur regionalen Nuklearmacht aufgestiegen ist – zu einer militärischen Kooperation mit anderen Staaten, namentlich den USA und Großbritannien, kommen wird, hängt vor allem von weiteren iranischen Provokationen ab.

Fast niemand spricht seit Wochenbeginn noch über die zuvor heftigst kritisierten israelischen Strafaktionen wegen der Anerkennung Palästinas als Mitgliedsstaat durch die Unesco. Netanjahu kann seine Siedlungen weiter ungebremst ausbauen, wenn auch der entsprechende Beschluss der Siedlungsbau-Intensivierung in und um Ost-Jerusalem rein provokatorischen Charakter hatte.

Ob sich Netanjahu indes mit seiner UN-Rede gegen die staatliche Anerkennung Palästinas, mit dem zur Befreiung des verschleppten Soldaten Gilad Shalit hochgejubelten Gefangenenaustausch und nun mit den Angriffsplänen gegen den Iran seine Wiederwahl in zwei Jahren gesichert hat, ist angesichts der Sprunghaftigkeit der Wähler und seiner Person zweifelhaft. Er selbst glaubt dies wohl, denn sein gesamtes Handeln ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Der alte machthungrige und -bewusste „Bibi“ ist demnach nicht erst jetzt wiederauferstanden, sondern war seit seinem zweiten Amtsantritt höchst aktiv.

Misst man Netanjahus Bestreben an Meinungsumfragen, so triumphiert er tatsächlich. Dass man ihm, der unzählige Male überführt wurde, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben, nun erstmals mehrheitlich vertraut, zeigt auch den erneuten Rechtsruck der israelischen Gesellschaft auf. Dass dieser im logischen Gegensatz zur breiten sozialen Protestbewegung steht, die Israel in den Sommermonaten überrollte, mag viele, vor allem im Ausland, überraschen.

Israelis hingegen glauben seit dem ersten Machtwechsel zur politischen Rechten im Jahr 1977, dass diese sowohl ihre gesellschaftlichen Klagen erhört als auch dem äußeren Feind am besten die Stirn bietet. Keiner weiß das besser als Netanjahu.

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