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Meinung: Kurz vor Gaza

Von Clemens Wergin

Wafa al Biss ist der beste Beleg für die Probleme, mit denen sich die palästinensische und die israelische Führung derzeit konfrontiert sehen: Die 21Jährige wurde am Montagabend an einem Grenzübergang im Gazastreifen verhaftet, mit 10 Kilo Sprengstoff am Körper. Weil sie einen Passierschein für eine Krankenhausbehandlung in Israel besaß, war sie von einer Gruppe der Al-Aksa-Brigaden als Selbstmordattentäterin angeworben worden. Wäre es al Biss tatsächlich gelungen, sich im Warteraum einer Klinik in die Luft zu sprengen – nicht auszudenken, was das für die Annäherung beider Seiten bedeutet hätte.

Das erste Treffen zwischen Ariel Scharon und Mahmud Abbas nach dem Tod von Jassir Arafat stand gestern dann auch im Zeichen der sich verschlechternden Sicherheitslage. Der Waffenstillstand zerbröselt zunehmend. Neben versprengten Al-Aksa-Banden ist es vor allem der von Syrien und Iran unterstützte Islamische Dschihad, dem an einer Eskalation gelegen ist und dessen Anhänger Israel nun wieder aktiv bekämpfen will. Offenbar fehlt es Abbas weiter an den Mitteln oder am Willen, Terroristen aufzuspüren und ins Gefängnis zu werfen. Nach der letzten großen Gefangenenentlassung ist auch auf israelischer Seite wenig Bereitschaft vorhanden, Abbas durch weitere Gesten des guten Willens zu stärken. Scharon konzentriert sich ganz auf den Rückzug aus Gaza Mitte August. Wahrscheinlich werden die Terrororganisationen im Vorfeld für ein Aufleben der Gewalt sorgen, damit es so aussieht, als hätten sie Israel vertrieben – so, wie es die Hisbollah in Libanon getan hat. Das zu verhindern ist die wichtigste Herausforderung für Mahmud Abbas. Nur, wenn die Autonomiebehörde bei der Übergabe Gazas eine gute Figur abgibt, werden die Palästinenser auf dem Weg zu ihrem eigenen Staat vorankommen.

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