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Meinung: Landowsky-Affäre: In Kohls Liga

In der CDU hat der Berliner Landesverband früher nie eine große Rolle gespielt. Zu klein, zu unbedeutend, zu weit weg von der großen Politik - einfach anders.

In der CDU hat der Berliner Landesverband früher nie eine große Rolle gespielt. Zu klein, zu unbedeutend, zu weit weg von der großen Politik - einfach anders. Selbst nach dem Hauptstadt-Umzug hatte sich das kaum geändert. Der beliebte und erfolgreiche Eberhard Diepgen als Nachfolger von Wolfgang Schäuble: Das schien einfach unvorstellbar. Eine andere Liga, eine andere Welt. Eine eigene Welt.

Diepgen betonte diese Andersartigkeit noch, als er den CDU-Oberen bei der Steuerentscheidung böse in die Parade fuhr. Erst die Stadt, dann die Partei. Dafür wurde er hier gelobt und dort gescholten. Was ihm wichtiger war, daran gab es keinen Zweifel. Während die Bundes-CDU noch unter dem Eindruck der Spendenaffäre wankte, gab sich die kleine Landes-CDU ganz sauber. Sie hatte ihre eigene Spendenaffäre in der Fassung als Bauskandal bereits in den achtziger Jahren gehabt und gab sich nun geläutert, ja sogar hochnäsig: "Wir gucken von außen in den Ring", erklärte der Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky vor Jahresfrist noch stolz. Jetzt ist er selber im Ring - und bezieht kräftig Prügel.

Die Partei mag es drehen und wenden, aber sie hat einen Spendenskandal. Spenden wurden verschwiegen, an ausgesuchte Bezirksverbände und verdienstvolle Mitarbeiter weitergereicht. Ganz wie bei Kohl. Und täglich wird banalisiert, korrigiert, nacherklärt, umerklärt. Klaus Landowsky, der es eigentlich besser wissen musste, hat Geld angenommen, das er besser nicht angenommen hätte - jedenfalls nicht selbst. Der Schatzmeister hat es, wie es so schön heißt, nicht ordnungsgemäß verbucht. Warum?

Es gibt drei mögliche Erklärungen. Die erste: Schusseligkeit. Aber das möchte man diesen Profis eigentlich nicht unterstellen. Die zweite: Es sollte etwas vertuscht werden. Die dritte: So hat es die CDU öfters mal gemacht, nur ist es hier eben aufgeflogen.

Landowsky hat einen kuriosen Erklärungsversuch unternommen. "Im Nachhinein kann ich nur sagen: Wäre ich nur vorsichtiger gewesen, aber das waren 1995 doch unproblematische Zeiten." Was sind, in diesem Sinne, unproblematische Zeiten? Solche, in denen niemand genau hinschaut? Das klingt ein bisschen nach dem Schwarzfahrer, der erstaunt zu den Kontrolleuren sagt: Aber in der Zeitung stand doch, sie kontrollieren heute ganz woanders!

Es ist schon traurig mit anzusehen, wie ein so guter und erfahrener Politiker in sein Unglück stapft. Fast möchte man sagen: Das hat er nicht verdient, was er sich da selbst antut, wie er seinen Teil der Erfolgsgeschichte Diepgen-Landowsky umzuschreiben beginnt. Ohnehin hat diese Männerfreundschaft jetzt einen tragischen Zug. Der enorme Erfolg des einen, der länger regiert als jeder andere Ministerpräsident, war nur möglich auf den Schultern des anderen, der ihn dort hingetragen und hochgehalten hat. Jetzt stolpert Landowsky über seine eigenen Beine - und muss feststellen, dass Diepgen mittlerweile meint, auf anderen Schultern oder sogar auf eigenen Beinen besser zu stehen. Diepgen schweigt zum Fall Landowsky.

Landowsky hat in den letzten Jahren den Nachwuchs in der eigenen Partei stets ermuntert und gefördert. Er hat also den Übergang, der nun vielleicht sogar schneller kommt als erwartet, selbst vorbereitet, weil er ohnehin kommen muss. Etwas geht zu Ende. Etwas Neues beginnt. Berlin bleibt nicht Berlin.

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