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Meinung: Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Wir mögen alles - außer Kampagnen

Es hätte ein Wunder geschehen müssen. Aber Wunder sind selten in der Politik, und so bleibt in Rheinland-Pfalz nach der Wahl alles wie gehabt: SPD und FDP regieren gemeinsam in Mainz, die Grünen dürfen froh sein, im Landtag zu sitzen, und die CDU leckt wieder einmal ihre Wunden.

Von Robert Birnbaum

Es hätte ein Wunder geschehen müssen. Aber Wunder sind selten in der Politik, und so bleibt in Rheinland-Pfalz nach der Wahl alles wie gehabt: SPD und FDP regieren gemeinsam in Mainz, die Grünen dürfen froh sein, im Landtag zu sitzen, und die CDU leckt wieder einmal ihre Wunden.

Das Ergebnis war seit langem absehbar. Rheinland-Pfalz, Heimat eines Helmut Kohl, galt immer als strukturell konservatives Land. Das hat die CDU jahrzehntelang glauben lassen, sie habe den Landstrich zwischen Westerwald und Pfalz für sich gepachtet. Seit vor einem Jahrzehnt die SPD unter Rudolf Scharping die Hochburg schleifte - mit kräftiger Hilfe der CDU, die sich durch jahrelange interne Machtquerelen selbst gelähmt hatte -, schlägt dieses Beharrungsvermögen zu Gunsten der Sozialdemokraten aus. Rheinland-Pfalz ist immer noch ein strukturell konservatives Land: Es wählt seine Regierenden wieder, solange die nicht Grund dafür bieten, sie in die Wüste zu schicken.

Der SPD-Ministerpräsident Kurt Beck hat solchen Grund nicht geboten. Das Land im Südwesten hat sich wirtschaftlich sachte in die Spitzengruppe der Bundesländer vorgearbeitet. Den Abzug von gut 100 000 US-Soldaten und Angehörigen hat der einstige "Flugzeugträger Deutschlands" erstaunlich gut verkraftet; wo früher Kampfflugzeuge starteten, sind Gewerbeparks entstanden. Dies sorgt, gemischt mit halbwegs gesunden Strukturen in Landwirtschaft und Weinbau sowie der Nähe zur Metropolenregion Frankfurt (Main) / Ludwigshafen, für niedrige Arbeitslosigkeit. Dazu hat es der lebensfrohe Kumpeltyp Beck verstanden, den Bürgern das Gefühl zu vermitteln, dass er sich auch um ihre kleineren Sorgen und Nöte kümmert. Kurz: Für Wechselstimmung fehlte jede Basis.

Sie fehlte auch koalitionspolitisch. Da die Grünen keine Rolle spielen, bestimmt praktisch die FDP, wer in Mainz regiert. Die Liberalen aber standen stets treu zum Partner SPD. Die CDU unter ihrem schwachen Spitzenkandidaten Christoph Böhr hat zu keinem Zeitpunkt eine Verlockung zum Wechsel geboten.

Vor allem aber sichert das einzige sozialliberale Regierungsmodell in Deutschland den Freidemokraten und ihrem Landeschef Rainer Brüderle einen Einfluss auf die Bundespolitik, der einzigartig ist. Nicht nur, dass bei kritischen Abstimmung im Bundesrat die FDP via Mainz überproportional Einfluss nimmt. Aus der Perspektive des FDP-Chefs Guido Westerwelle ist das Mainzer Modell darüber hinaus als Vorbild für Berlin 2002 unverzichtbar.

Und die CDU? Ginge alles mit rechten Dingen zu, müsste das schwächste Ergebnis seit Ende der 60er Jahre das politische Aus für den Politiker Böhr bedeuten. Er hat den Wahlkampf mehr erlitten als gestaltet, die Anti-Trittin-Aktion in letzter Sekunde nützte ihm nichts. Auch in der Landes-CDU geht es freilich mit rheinland-pfälzischen Dingen zu. Und deshalb wird sich dort wohl nichts ändern.

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