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Leihmütter: Dein Bauch gehört mir

Von Nicole Kidman bis Elton John: Sollten Leihmütter auch in Deutschland erlaubt sein? Darüber lohnt es sich zu streiten. Tatsächlich aber wird in Deutschland kaum etwas so irrational diskutiert wie die Reproduktionsmedizin.

Als „gestational carrier“ soll Nicole Kidman die Frau bezeichnet haben, die ihr Kind ausgetragen hat. Auch im Deutschen klingt das Wort „Trägerin“ (carrier) fies. Nach Brutmaschine. Oder Menschenmaterial. Zeigt das nicht, wie menschenverachtend eine Leihmutterschaft ist? Oder Elton John. Da geht ein schwuler Millionär mit 62 Jahren hin und beschließt, dass er ein Kind haben will. Er mietet sich eine Gebärmutter und lässt eine Leihmutter seinen geliebten „Zachary Jackson Levon“ zur Welt bringen.

Ein bisschen Homophobie, ein bisschen Sozialneid, dazu des Deutschen liebste Angst vor allem, was Technik mit Fortpflanzung verbindet – und fertig ist der Nährboden, auf dem Entrüstung gut gedeiht. Mutterbauch zur Miete? Kind gegen Kaution? Das klingt nach einer modernen Form der Sklaverei, nach Langzeitprostitution.

Tatsächlich birgt die Praxis Gefahren für die Leihmutter. Weil jede Schwangerschaft Komplikationen mit sich bringen kann. Und weil eine schwangere Frau eben nicht nur ein Brutkasten ist, sondern ein Mensch mit Gefühlen. Auch die verändern sich, während ein Kind heranwächst. Mediziner und Psychologen lernen immer mehr über das, was während einer Schwangerschaft passiert. Manche sprechen inzwischen von einem Dialog zwischen Mutter und Kind, der sich abspielt. Diesen nach neun Monaten abzubrechen, ist ein schwerer Eingriff. In manchen Fällen will die geliehene Mutter das Kind nachher nicht abgeben.

Aber reicht das aus, um zwei erwachsenen Menschen in einem demokratischen Staat zu verbieten, einen Vertrag darüber zu schließen? Wird ein Kind wirklich zum „Produkt“, weil Menschen es sich so sehr wünschen, dass sie bereit sind, dafür Geld zu zahlen?

Was ist mit der jungen Frau, die an Gebärmutterhalskrebs leidet und nur durch eine Operation gerettet wird? Mit Anfang 30 steht sie da, mit Kinderwunsch, aber ohne Gebärmutter. Technisch sind Ärzte heute in der Lage, ihr zu helfen. Menschen, die sich als Leihmutter anbieten, gibt es auch. Sollte der Staat das verbieten?

Darüber lohnt es sich zu streiten. Tatsächlich aber wird in Deutschland kaum etwas so irrational diskutiert wie die Reproduktionsmedizin. Samenspenden sind erlaubt, Eizellspenden verboten. Ein Kind mit einer schweren Behinderung abzutreiben, ist erlaubt, die Behinderung bei einer künstlichen Befruchtung vorher auszuschließen, nicht. Das ist an Verlogenheit kaum zu überbieten und lässt für eine ehrliche Diskussion über Leihmütter keinen Platz.

Mutterliebe, Kinderwunsch: Das sind Themen, die uns nahe gehen. Und das Bild eines winzigen Menschen, friedlich im Mutterleib schwebend, ist eines der stärksten Motive, die unsere Gesellschaft kennt. Dagegen löst der Schöpfungsakt in der Petrischale bei den meisten Menschen eher Ekel aus als Ehrfurcht. Nur reichen Emotionen nicht als Argumente, schon gar nicht, wenn der Gesetzgeber den Bürgern etwas verbietet. Eine schwangere Frau ist mehr als eine Brutmaschine. Ein Gesetz sollte mehr sein als ein Reflex.

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