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Leistungen im Bundestag: Ein Zwischenruf zu den Abgeordneten

Warum eigentlich bekommt das Volk nie die Liste "Leistungen an die Mitglieder des Deutschen Bundestages" zu Gesicht, die Neulingen ausgehändigt wird? Barbara John über Parlamentarier, die über ihre Privilegien keine Auskunft geben.

In diesen Tagen lächeln und strahlen sie landauf, landab von Laternenmasten und Stelltafeln. Die Rede ist von den Frauen und Männern, die für den Bundestag kandidieren. Die erfolgreichen werden dann ein öffentliches Amt ausüben, in das sie „vom Vertrauen der Wähler berufen wurden“, wie es im Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 heißt. Stimmt das noch? Ist das vermutete Vertrauen nicht längst einem tiefen Misstrauen gewichen, wie es Umfragen zum Ansehen und zum Sozialprestige von Abgeordneten nahelegen?

Es zu ändern, sollte uns Bürgern und den Mandatsträgern eine Herzenssache sein. Schließlich sollen sie unsere Interessen vertreten, durchdachte und menschenfreundliche politische Entscheidungen treffen. Das allein ist schwer, denn fast jeder von uns hat andere konkrete Vorstellungen. Ein funktionierendes Verhältnis zwischen Wählern und ihren Vertretern braucht vor allem Vertrauen. Genau das aber fehlt, und es hat weniger mit Politik zu tun, sondern viel mit Geld. Was vielen aufstößt, ist mangelnde Transparenz über die gesamte Finanz- und Sachausstattung, die Abgeordneten zusteht. Erst recht sind Bürger verärgert, wenn ihnen Leistungen verweigert werden, die Abgeordnete sich genehmigen, zum Beispiel die steuerfreie Aufwandspauschale, die jährlich automatisch erhöht wird, Pensionen, für die keinerlei Beiträge entrichtet werden. Warum sind Parlamentarier nicht zu denselben Bedingungen altersversichert wie die meisten Bürger? Unerklärbare Privilegien erzeugen Misstrauen und Abstand.

Warum eigentlich bekommt das Volk nie die Liste „Leistungen an die Mitglieder des Deutschen Bundestages“ zu Gesicht, die Neulingen ausgehändigt wird? Sie umfasst mehrere Seiten und soll in Einzelfällen einen Schamschock ausgelöst haben ob der Fülle an Sachleistungen neben den bekannten Entschädigungszahlungen. Muss es nicht argwöhnisch machen, wenn solche Informationen wie Staatsgeheimnisse behandelt werden? Das Bundesverfassungsgericht beurteilte schon 1975 Geheimniskrämerei in Sachen finanzielle Ausstattung von Abgeordneten so: „Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich.“

Volksvertreter sollen keine finanziell abgehängten Schlucker sein, die sich an Idealen berauschen. Geht es aber um Einkommensorientierung, ist der Blick aufs Volk wegweisend, nicht der Blick in die Wirtschaftsetagen.

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