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Meinung: Leoparden küsst man nicht

Peter Struck nähert sich der Berufsarmee

Von Robert Birnbaum

Die Katze aus dem Sack zu lassen, ist ein riskantes Unterfangen. Das Pelztier ist nach längerer Dunkelhaft meist unfroher Stimmung, die es dann schon mal gerne am Befreier auslässt. Dem Verteidigungsminister Peter Struck verdanken wir nun eine neue Technik der Krallenabwehr. Struck versucht die Katz’ Stück für Stück frei zu lassen. Und er fängt sicherheitshalber an, wo das Tier noch keine Krallen zeigen kann: Beim buschig-behaarten Schweif sozusagen.

Die konkrete Katze hört auf den Namen Berufsarmee. Sie sitzt schon länger im Sack, rumort dort aber mächtig herum, zumal die Grünen sie gelegentlich Frischluft schnuppern lassen. Struck hat zu Beginn seiner Karriere als Verteidigungsminister erst mal den Sack fest zugeschnürt und ein relativ flammendes Bekenntnis zur Wehrpflicht abgelegt. Das entspringt teils seiner Überzeugung, eine gute Tradition zu wahren, teils sozialdemokratischem Parteisoldatentum.

Aber so ein Ministeramt schmückt den Träger nicht nur, es zwingt ihn auch zu Lernprozessen. Struck hat seine zentrale Erkenntnis selbst in der Formel gefasst, Landesverteidigung finde künftig auch am Hindukusch statt. Das Bonmot hat Folgen. Grob gesprochen: Wer das ernst meint, muss die Bundeswehr noch einmal komplett umbauen. Er stößt dabei schnell darauf, dass die Wehrpflicht die Landesverteidigung am Hindukusch nicht einfacher macht. Eine Armee, die vor jedem Einsatz erst ihre Einheiten umbauen muss, weil man milchgesichtige Staatsbürger in Uniform nicht gut nach kurzer Grundausbildung durch die Straßen von Kabul schicken kann – nicht sehr effektiv.

In Zeiten knapper Kassen ist Effizienz wichtig. Die neue Bundeswehr-Struktur, an der der Generalinspekteur gerade abschließend bastelt, soll diese Effizienz schaffen. Sie ordnet Einheiten Verwendungen zu – harter Einsatz, nicht ganz so harter friedenserhaltender Einsatz, Unterstützung und Heimatdienst. Dass diese Struktur darauf hinausläuft, Grundwehrpflichtige praktisch nur noch in Einheiten des Typs Drei einzuteilen, ist jedem Kundigen klar. Dass es damit technisch-organisatorisch ab 2010 ein Leichtes wäre, auf die Grundwehrdiener ganz zu verzichten, ebenfalls. Struck hat das jetzt erstmals selbst bestätigt: Seine Reform ist darauf angelegt, auch ohne Wehrpflicht noch zu funktionieren.

Natürlich hat Struck hinzugefügt, dass er für die Wehrpflicht politisch kämpfen wolle. Das ist aber eine, sagen wir mal, interessante Kampftechnik. Um zur Katze zurückzukommen: Man erkennt jetzt allmählich schon die Hinterpfoten auf dem Weg ins Freie.

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