zum Hauptinhalt

Meinung: Aggression bestimmt das Sozialklima

Zum Artikel über die ehemalige Direktorin der Rütli-Schule vom 13. Dezember Als Frau Pick 1983 Schulleiterin in der Rütli-Schule wurde, brachte ihr die Mehrheit des Kollegiums große Bereitschaft entgegen, die reformpädagogischen Traditionen dieser Schule wieder zu beleben.

Zum Artikel über die ehemalige Direktorin der Rütli-Schule vom 13. Dezember

Als Frau Pick 1983 Schulleiterin in der Rütli-Schule wurde, brachte ihr die Mehrheit des Kollegiums große Bereitschaft entgegen, die reformpädagogischen Traditionen dieser Schule wieder zu beleben. Als sie die Schule verließ, gab es wahrscheinlich kein Mitglied des Kollegiums, das ihr Wegbleiben ernsthaft bedauerte. Wie ist das zu erklären?

Als Schulleiterin war Frau Pick überfordert. Nicht in der organisatorischen Gestaltung des Schulablaufes, aber mit der Führung des Kollegiums. Viele Kolleginnen und Kollegen wurden durch ihren häufig aggressiven Diskussionsstil und ihre wenig transparente Amtsführung demotiviert. Es gelang ihr mit den Jahren immer weniger, ihre persönlichen Animositäten oder Vorlieben einer aufgabengerechten sachlichen Vorgehensweise unterzuordnen. Zu ihrer heutigen Sicht auf die Entwicklung der Schule ist Folgendes zu bemerken: 1. Alle Erscheinungen, die in dem Brief des Kollegiums geschildert werden, hat es während der Anwesenheit von Frau Pick nachweislich auch schon gegeben. Der offene Umgang damit war allerdings in dem damaligen Sozialklima der Schule nicht möglich, weil Frau Pick nach außen eine „funktionierende Schule“ demonstrieren wollte.

2. Woher will Frau Pick wissen, dass nach ihrem Ausscheiden an der Schule keine Konflikte mehr gelöst wurden? Die schon vor ihrem Weggang vom Kollegium gewählte „erweiterte Schulleitung“ hat in vorbildlicher Weise pädagogische Arbeit geleistet, unterstützt von den meisten Kollegen. Aber Zahl, Intensität und Qualität der Konflikte der letzten Jahre ließen das Kollegium erkennen, dass diese nicht mit den der Schule zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewältigen waren. Deshalb der Bericht an die übergeordnete Dienststelle, der dann seinen Weg in die Öffentlichkeit fand.

3. Die Schuld an dem von Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft geprägten Verhalten einer immer größer werdenden Zahl von Jugendlichen den Lehrern zu geben, zeigt, dass Frau Pick bis heute die Entwicklung nur ansatzweise zu begreifen vermag. Nicht nur ökonomische Perspektivlosigkeit prägt das Verhalten der auffälligen Schüler und Schülerinnen in der Schule, sondern spezifische kulturelle Werthaltungen. Dazu gehören vor allem Respektlosigkeit gegenüber Frauen, geäußerte und gezeigte Verachtung gegenüber westlicher Kultur und Umgangsformen. Viele Jugendliche werden von einer immer größer werdenden Zahl aggressionsbereiter Mitschüler und Schülerinnen am Lernen gehindert, die ihre Mitschüler dominieren und das Sozialklima einer Klasse bestimmen.

3. Sicher ist Frau Picks Feststellung richtig, dass Lehrende, die ihre „Kinder nicht mögen“, „die Früchte tragen“ werden. Aber gerade weil dieses Kollegium sich seiner Verantwortung für die Jugendlichen der Schule bewusst ist, hat es mit auf eine alleine nicht mehr zu lösende soziale Misere aufmerksam gemacht.

Karin Dörschel, Berlin-Zehlendorf, bis April Lehrerin an der Rütli-Schule

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false