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Meinung: ARD: Von der russischen Regierung unabhängig

Betrifft: Das Interview „Niemand im Westen würde Bin Laden rechtfertigen“ im Tagesspiegel vom 19. November 2002 Herr Grabar, Sprecher der russischen Botschaft Berlin, redet in seinem Interview davon, dass ausgerechnet ARD-Korrespondenten versuchen würden, „die Geschichte des (Tschetschenien-)Konflikts auf den Kopf zu stellen".

Betrifft: Das Interview „Niemand im Westen würde Bin Laden rechtfertigen“ im Tagesspiegel vom 19. November 2002

Herr Grabar, Sprecher der russischen Botschaft Berlin, redet in seinem Interview davon, dass ausgerechnet ARD-Korrespondenten versuchen würden, „die Geschichte des (Tschetschenien-)Konflikts auf den Kopf zu stellen". Und stellt dabei selbst innerhalb von 55 Druckzeilen alle Grundsätze der Pressefreiheit auf den Kopf.

Ich lege großen Wert darauf, dass die ARD – wie auch andere Sender in Deutschland und Europa – seit Jahren versuchen, den Tschetschenienkrieg so differenziert zu sehen, wie es die Arbeitsbedingungen zulassen. Dies darf nicht bedeuteten, dass im Sinne von Herrn Grabar deutsche Medien die Sprache und die Sichtweise einzelner russischer Regierungsmitglieder übernehmen müssen. Hier lässt sich die ARD weder einschüchtern noch unter Druck setzen.

Kein Journalist der ARD sucht „ständig nach Motiven (…), die den Terrorismus rechtfertigen", wie es Herr Grabar behauptet. Gewalt ist nie zu rechtfertigen, weder auf der einen, noch auf der anderen Seite. Wir versuchen, immer beide Seiten darzustellen. Nicht mehr, nicht weniger.

Es grenzt an Unverschämtheit, wenn Herr Grabar sagt: „Die ARD hat versucht, aus Banditen Menschenrechtskämpfer zu machen". Hierfür hat es in der Vergangenheit und in der aktuellen Berichterstattung keinerlei Ansätze innerhalb der ARD gegeben. Dies ist pure Polemik, die ich als Beleidigung der Kollegen vor Ort betrachte.

Im übrigen: Für die aufgeklärte deutsche Öffentlichkeit sprechen die Ausführungen von Herrn Grabar für sich. Es ist bedauerlich, dass der Sprecher der russischen Botschaft in Berlin in die alten Zeiten der Sowjetunion zurückfällt.

Ulrich Deppendorf

(WDR-Fernsehdirektor)

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