zum Hauptinhalt

Meinung: Attraktive Studiengänge sind möglich

„Der bessere Bachelor lässt auf sich warten / Warum die Studierenden wieder auf die Straße gehen“ von Günter Bartschvom 17. NovemberEs ist eigentlich nicht schwer, einen attraktiven Studiengang anzubieten.

„Der bessere Bachelor lässt auf sich warten / Warum die Studierenden wieder auf die Straße gehen“ von Günter Bartsch

vom 17. November

Es ist eigentlich nicht schwer, einen attraktiven Studiengang anzubieten. Man muss die Studierenden nur ein bisschen mögen. Mögen heißt nicht kuscheln. Mögen heißt, sich in ihre Lage hineinzuversetzen und sie nachempfinden zu können und nicht die Bequemlichkeit des eigenen Daseins in den Vordergrund zu stellen, sondern nach dem gangbaren Weg für alle zu suchen.

Mit einer solchen Haltung und dem Vorteil im Rücken, schon früh und aktiv die Studiengangsumstellung betrieben zu haben, als es noch nicht diesen Konformitätsdruck gab, fühlen wir uns als Studiengangsanbieter leider im Augenblick etwas wie das berühmte gallische Dorf. Der Zaubertrank besteht darin, dass man für die kontinuierlichen Bemühungen, die Studierbarkeit für die Studierenden herzustellen, zu pflegen und zu verbessern, das Dreifache zurückerhält in Form einer erhöhten Leistungsbereitschaft, der Identifikation mit der Ausbildungsstätte und den vielen, vielen dankbaren Augen. Die Römer, die die Studierenden mehr als eine zu manövrierende Masse begreifen, haben jetzt gerade das Problem, dass ihre Sklaven den Aufstand proben. Es schmeckt bitter, wenn Caesar zur Abwehr jetzt ausgerechnet auf uns mit dem Finger zeigt, indem er uns die Nichtentsprechung mit „konzeptionellen Mindeststandards für Bachelor- und Masterstudiengänge“ bescheinigt und uns mit roter Ampelfarbe stigmatisiert.

Der Unmut ist aber nicht nur ein inneruniversitäres Problem. Die zwangsweise Durchsetzung eines Produkts (=Bachelor) ist (arbeits-)marktwirtschaftlich etwas, was sonst doch so gern als dirigistisch gebrandmarkt wird. Hier ist Ideologie am Werk. Und dass wir in den Praktika mit Geräten arbeiten, die vielfach so alt sind wie ich selbst und dass ein marode gewordenes Institut nur deswegen saniert wird, weil der Architekt damals Gott sei Dank ein bisschen Asbest mit hat verbauen lassen, kann einem die Tränen in die Augen treiben.

Dr. Thomas Lehmann, Inst. f. Chemie und Biochemie, Freie Universität Berlin, Berlin-Dahlem

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false