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Meinung: Auf Erden herrscht das Recht

„Recht geht vor Nächstenliebe“ vom 23. Mai 2006 Der Meinung von Herrn Pflüger muss ich widersprechen.

„Recht geht vor Nächstenliebe“

vom 23. Mai 2006

Der Meinung von Herrn Pflüger muss ich widersprechen. Sie zeigt mir, wie richtig Pater Mertes mit seiner Einschätzung über die Partei lag. Herr Pflüger erwähnt die griechische Tragödie „Antigone“, um darzulegen, wie wichtig die Durchsetzung des Rechts ist.

Der Vergleich ist unpassend. Kreon hat gegen ein göttliches Gesetz verstoßen, und als er bereut, ist es zu spät. Antigone hat aus Humanität und Nächstenliebe gehandelt. Das ließe sich sicher noch endlos diskutieren.

Herr Pflüger beharrt gegen alle Aussagen und Empfehlungen auch der Härtefallkommission auf der Ausweisung einer vollständig integrierten Familie, „weil sie gelogen hat!“ Das Recht des Stärkeren oder die weise Entscheidung der Justiz? Und wenn er dafür so unerbittlich plädiert, wird das denn stets ausgeschöpft? Gibt’s nicht auch immer Spielräume? Zum Beispiel bei rechten Schlägern, die wiederholt Bewährung bekommen?

Wie sieht es aus mit Straßenzügen, in die kein Polizist hineingeht, worüber sich dann die Politik empört, dort eskaliere die Gewalt? Sieht Herr Pflüger das Recht dort durchgesetzt? Ist jedes Gesetz per se schon gerecht, nur weil es in einem demokratischen Staat erlassen wurde? Zum Schluss ein Satz von Dürrenmatt aus „Justiz“: „Gerechtigkeit gibt’s nur im Himmel. Auf Erden herrscht das Recht.“

Angelika Oden

Berlin-Lichterfelde

Ach herrje – jetzt geht es ums Prinzip! Nicht mehr um Vernunft, Logik, Verständnis oder gar Toleranz – nein, ums Prinzip. Die Familie hat ihr Recht missbraucht, hat getäuscht, hat verzögert – also raus!

Und als Beistand ruft Herr Pflüger nach Kreon (wahrhaftig kein Prinzipienreiter, sondern ein taktisch gewiefter Politiker) und nach Christus (der die Sünder nicht nur geliebt, sondern ihnen vergeben hat). Herr Pflüger kennt nicht das allgemein geltende Prinzip der Verjährung bei Straftaten, das strafmindernde Prinzip der Bewährung, das „in dubio pro reo“ – und wer möchte bezweifeln, dass die Familie Aydin auf dies alles Anspruch hat.

Aber vielleicht geht es ihm gar nichts ums Prinzip, sondern nur um das Kalkül, mit dieser Haltung ein paar Stimmen von den Stammtisch-Wählern zu ergattern, die das C der CDU nicht so richtig interpretieren wollen?

Hansjürgen Spiller,

Berlin-Friedenau

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