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Meinung: BLACKOUTS IN DER STROMVERSORGUNG Wann geht bei uns das Licht aus?

Unser Leser Karl-Heinz Füllberg fürchtet sich vor der Liberalisierung des Strommarktes. Klaus Rauscher, Vorstandschef der Vattenfall Europe AG, ist für profitablen Netzausbau

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Zu: „Allgemeine Verunsicherung“ vom 1. September 2003

Zunächst geschah es an der Ostküste der Vereinigten Staaten und im Norden von Kanada, dann in Finnland, Australien, Tirol und nun auch in London und Umgebung. Blackout. Nicht, wie es einmal einem deutschen gewichtigen Spitzenpolitiker nachgesagt wurde, sondern die Stromversorgung brach dort zusammen.

Eines ist aber schon klar: Die Energieversorger haben sich nach dem Übergang von staatlich regulierten Monopolwirtschaften zum liberalisierten Strommarkt bei wachsendem Energiebedarf verstärkt um private Gewinne gekümmert. Das Mehr an Wettbewerb führte dazu, dass auf Innovationen größtenteils verzichtet und auch der technische Fortschritt vernachlässigt wurde. Jetzt stellt man in den USA fest, dass das Leitungsnetz „antiquiert“ ist und man müsse „schnell einen Weg finden, um erneute Stromausfälle zu vermeiden“. Dazu wird Geld gebraucht, viel Geld. Die USStromwirtschaft weiß auch, woher das Geld kommen soll: Investoren, Regierung und Verbraucher. Die Gewinne aus dem liberalen Strommarkt gingen an die privaten Aktionäre, während jetzt Geld von der Allgemeinheit gefordert wird.

Auch in Deutschland wurde die Stromversorgung unter dem Stichwort „Liberalisierung“ privatisiert. Muss hier auch mit Blackouts gerechnet werden? Zunächst wohl nicht. Das Leitungsnetz ist kleinmaschiger aufgebaut und noch gibt es Überkapazitäten an Kraftwerksleistung. Aber wie lange noch? Auch hier wird von den Energieversorgern kaum noch in Technik investiert.

Die Profitmaximierung in der Stromwirtschaft geht zu Lasten der Zuverlässigkeit, aber hoffentlich nicht auch auf Kosten der Sicherheit. Die Politik muss eingreifen, bevor es auch hier „dunkel und kalt“ wird!

Karl-Heinz Füllberg, Berlin-Hermsdorf

Sehr geehrter Herr Füllberg,

Stromausfälle, die wie in den Vereinigten Staaten ganze Landstriche betreffen, sind in Deutschland derzeit auszuschließen. Die Unternehmen in den USA haben nicht genügend Reservekapazität bei den Kraftwerken. Und das Netz ist dort in einem Zustand, der dem deutschen Standard bei weitem nicht entspricht. Wir haben die erforderlichen Kapazitäten bei den Kraftwerken und im Netz. Außerdem haben wir ein Netz-Verbundsystem in Deutschland zwischen den großen Übertragungsnetzbetreibern und zwischen den europäischen Ländern. Wir können uns damit gegenseitig aushelfen.

Auch in der Hitzeperiode der vergangenen Wochen war die Versorgung hier zu Lande nicht gefährdet. Und das, obgleich viele Kraftwerke im planmäßigen Revisionsstillstand waren und andere, die technisch voll einsetzbar waren, wegen der hohen Wassertemperaturen in den Flüssen aus ökologischen Gründen deutlich zurückgefahren wurden. Der gelegentlich erhobene Vorwurf, wir hätten das Stromangebot künstlich verknappt, um die Preise anzuheben, ist polemisch und falsch.

Wir wollen die Versorgungssicherheit von heute auch für die Zukunft garantieren. Vattenfall Europe hat in den 90er Jahren neun Milliarden Euro investiert und damit den Kraftwerkspark sowie die Netze auf einen zukunftsfähigen Stand gebracht. Dennoch: Ab etwa 2010 müssen bundesweit abgängige Kraftwerke mit einem Investitionsvolumen von etwa 50 Milliarden Euro ersetzt und die Netze ausgebaut werden. Dazu brauchen wir eine auskömmliche Rendite und sichere politische Rahmenbedingungen. Nur dann macht es Sinn, in die Versorgungssicherheit zu investieren, denn ohne diese Sicherheit bekommt Deutschland mittelfristig ein Problem.

Dr.Klaus Rauscher ist Vorstandsvorsitzender der Vattenfall Europe AG.

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