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Meinung: Die 68er im „Prager Frühling“

„Die RAF, westdeutsche Linke und die DDR“ von Friedrich Schorlemmer vom 10. April Die Verständigungsbarrieren zwischen einem Großteil der „Ost-Oppositionellen“ und den ehemaligen Mitgliedern der westdeutschen „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO) sind noch immer frappierend groß.

„Die RAF, westdeutsche Linke und die DDR“ von Friedrich Schorlemmer

vom 10. April

Die Verständigungsbarrieren zwischen einem Großteil der „Ost-Oppositionellen“ und den ehemaligen Mitgliedern der westdeutschen „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO) sind noch immer frappierend groß. So erklärte Friedrich Schorlemmer, wir hätten im August 1968 angesichts der sowjetischen Panzer in Prag „Ho-Ho-Ho Chi Minh“ skandiert. Deshalb hier ein Blick darauf, was sich am 21. August 1968 in West-Berlin tatsächlich ereignet hat: In den frühen Morgenstunden war die sowjetische Armee in Prag eingerückt. Noch am selben Morgen trafen sich um 11 Uhr 30 im „Republikanischen Club“ in Charlottenburg Vertreter diverser studentischer APO-Gruppierungen, um die Organisation einer massenwirksamen Aktion gegen den Einmarsch der Warschauer- Pakt-Staaten in die CSSR zu planen. In einem offenen Brief an die kommunistischen Zentralkomitees der fünf beteiligten Staaten hieß es unter anderem: „Der Einmarsch der Truppen … zeigt mit erdrückender Offenheit, wie diese Staaten den proletarischen Internationalismus verstehen. Weder der Vernichtungskrieg der US-amerikanischen Imperialisten gegen die revolutionäre Bewegung Südvietnams noch die Terror-Angriffe der US-Luftwaffe gegen das sozialistische Nordvietnam haben es vermocht, die Streitkräfte des Warschauer Paktes in Marsch zu setzen … Dagegen haben fadenscheinige Gründe gereicht, um in die CSSR einzumarschieren.“ Unsere damalige politische Sprache sollte heute nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere Distanzierung von der UdSSR im August 1968 eindeutiger gewesen ist, als die der offiziellen bundesrepublikanischen Außenpolitik.

Um 14 Uhr fand dann im Auditorium maximum der TU ein Teach-in mit rund 1200 Studenten statt. Wolfgang Lefevre (SDS), erklärte dort unter großem Beifall, dass die Intervention deutlich gemacht habe, dass die „Zukunft des Sozialismus nicht länger an die Sowjetunion gebunden sei“. Um 17 Uhr formierte sich vor der TU ein Demonstrationszug. Auf dem Weg zur Militärmission der CSSR stieg die Zahl der Demonstranten auf mehr als 4000 Personen. Wir trugen Transparente mit Aufschriften wie „Sowjetunion – Imperialist Nummer 2“.

Wenn heute Bürgerrechtler aus der früheren DDR den Vorwurf erheben, die 68er hätten sich damals nicht ernsthaft mit dem „Prager Frühling“ solidarisiert, ist dies historisch falsch. Richtig wäre allerdings die Kritik, dass unsere Demonstrationen nur wenige Wochen anhielten und im Unterschied zu unserem Protest gegen den US-Krieg gegen Vietnam kein Dauerthema waren.

Dr. Tilman P. Fichter, Berlin

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