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Meinung: Die Chinesen sollten selber entscheiden

Betrifft: „Chinesisches Verwirrspiel“ vom 10. Dezember 2003 Alexander S.

Betrifft: „Chinesisches Verwirrspiel“ vom 10. Dezember 2003

Alexander S. Kekulé ist für die Klarstellung zu danken, dass der Verkauf der Hanauer Brennelementefabrik an die Atommacht China nicht in erster Linie ein militärisches Risiko in sich birgt, sondern ein ziviles. Auch die offizielle chinesische Presse hat sich beeilt, die friedlichen Zwecke zu betonen, denen das Geschäft mit Siemens dienen soll.

Der Punkt, um den es hier geht, ist, dass China einen enorm wachsenden Energiebedarf zu befriedigen hat und hierbei so oder so vor dem Dilemma steht, zu risikoreichen Technologien greifen zu müssen. Nach wie vor stammt der Löwenanteil der chinesischen Energieproduktion aus Kohlekraftwerken, die durch extreme Luftverschmutzung zu den spürbarsten Umweltproblemen beitragen. Die verstärkte Einbeziehung von Wasserkraft durch den Bau von Staudämmen hat Massenumsiedlungen nach sich gezogen. Kernkraft macht nur einen geringen Bruchteil der chinesischen Energiegewinnung aus, gleichwohl sind gerade hier die Risiken besonders hoch.

Dies sind schwierige Entscheidungen, die verantwortungsbewusstes Argumentieren und Agieren auf allen Seiten erfordern. Nicht zuletzt hat gerade die Institutionalisierung und Umsetzung einer umfassenden Umweltgesetzgebung in China wiederum das Problem sozialer Risiken (z.B. in Form von Umsiedlungen) verschärft. Auch diese Risiken sind zu bedenken.

Man kommt der Lösung nicht dadurch näher, dass man China in die Nähe von „Schurkenstaaten“ rückt, und auch nicht durch die oberlehrerhafte Empfehlung, dass China nicht die Fehler des Westens wiederholen dürfe. Hierüber muss auf chinesischer Seite entschieden werden und es ist notwendig, dass hierbei auch die lokal Betroffenen in China Gehör finden. Vielleicht hätten die Umweltaktivisten, die das chinesische Schriftzeichen für „Gefahr“ (weixian) auf die Hanauer Atomfabrik projiziert haben, lieber das Zeichen für „Risiko“ (fengxian) nehmen sollen.

Bettina Gransow, Berlin-Wilmersdorf

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