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Meinung: Die Fieberkurve steigt

Berichterstattung zur SchweinegrippeIch möchte darum bitten, im Zuge einer vernünftigen Berichterstattung über das Ausmaß der Grippe nicht auf kumulierte Zahlen zurückzugreifen. Diese sind für die Einschätzung der Lage völlig irrelevant und sollen offensichtlich mehr Eindruck erzeugen.

Berichterstattung zur Schweinegrippe

Ich möchte darum bitten, im Zuge einer vernünftigen Berichterstattung über das Ausmaß der Grippe nicht auf kumulierte Zahlen zurückzugreifen. Diese sind für die Einschätzung der Lage völlig irrelevant und sollen offensichtlich mehr Eindruck erzeugen. Ihre Zahl, 30 000 Menschen seien in Deutschland an Grippe erkrankt, ist im engen Sinn sogar falsch. Seit dem Frühjahr wurde bei 30 000 Menschen in Deutschland eine Infektion mit H1N1 festgestellt. Da die Krankheit etwa eine Woche anhält, sind natürlich die meisten längst wieder gesund. Die Infektionsrate in der letzten Woche liegt bei circa 3 000. Das ist auch die Anzahl der offiziell Grippekranken. Auch ist richtig zu erwähnen, dass neun Personen im Zusammenhang mit der Grippe gestorben sind - nicht an der Grippe. Das kann zweifelsfrei gar nicht festgestellt werden, ob es wirklich der Virus war. Wir können ja einen Menschen schlecht einmal mit und einmal ohne Grippe leben lassen und sehen, ob er an einem bestimmten Tag noch lebt. Es handelt sich immer um Wahrscheinlichkeiten und Zusammenhänge - nicht Kausalitäten. Neben den 30 000 erkannten Grippe-Infizierten seit dem Frühjahr gibt es auch noch eine Dunkelziffer, die vermutlich um vieles höher liegt. Das ist doppelt problematisch: zum einen ist die Zahl der Infizierten damit natürlich höher. Zum anderen haben vermutlich viele Menschen die Grippe unbemerkt bereits hinter sich. Teilweise als leichte Erkältung, teilweise sogar ohne Symptome. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass eine große Zahl von Menschen einen sehr leichten Verlauf der Grippe hinter sich hat. Die Menschen gehen oft erst bei schwereren Symptomen zum Arzt. Damit ist der Verlauf noch leichter einzustufen - und für letztere ist eine Impfung unnötig. Ich denke, eine ordentliche Berichterstattung sollte dazu dienen, den Menschen eine Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Impfung zu bieten. Diesem Ziel sollte sich auch der Tagesspiegel anschließen. Es ist dafür weder sinnvoll, in die eine noch die andere Richtung zu übertreiben oder Informationen zu verzerren. Michael Reese, Berlin-Kreuzberg

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