zum Hauptinhalt

Meinung: Die Jugend trifft die Perspektivlosigkeit

Betrifft: „Stechen statt Sprechen" im Tagesspiegel vom 24. Januar 2003 Nach mühsam erarbeiteten Erfolgen und einer jahrelangen Statistik auf stabilem niedrigen Niveau erreicht uns in diesen Tagen fast lawinenartig eine neue Welle von Jugendgewalt.

Betrifft: „Stechen statt Sprechen" im Tagesspiegel vom 24. Januar 2003

Nach mühsam erarbeiteten Erfolgen und einer jahrelangen Statistik auf stabilem niedrigen Niveau erreicht uns in diesen Tagen fast lawinenartig eine neue Welle von Jugendgewalt. Doch wundern muss man sich eigentlich nicht: Inzwischen fehlt nicht nur unserer Stadt eine Perspektive für eine gute Zukunft, sondern auch einem Großteil ihrer Menschen. Besonders trifft dies die Jugend – inzwischen ist nicht nur ein Bodensatz von Heranwachsenden ohne Zukunftschancen, sondern selbst diejenigen, die sich mit Leistungs und Gestaltungswillen und sogar mit einem Vorschuss an beruflichem Ethos, wie zum Beispiel Polizeischüler oder Lehreranwärter, einbringen wollen, werden vor den Kopf gestoßen.

Der allfällige Neoliberalismus verhindert zudem eine Fixierung der Jugend auf positive Werte, und gleichzeitig werden auch noch stützende und begleitende Institutionen wie Jugendprojekte sowie betreuende und präventive Maßnahmen finanziell ausgehungert oder gleich ganz weggespart.

Die Schulen und die in ihnen Arbeitenden geraten immer mehr unter Druck; eine überalterte und damit jugendferne Lehrerschaft ist schon jetzt nicht mehr in der Lage, neben dem Bildungsauftrag auch noch den Reparaturbetrieb für gesellschaftlich und politisch zu verantwortende Defizite zu leisten.

Damit sei kein einziger Messerstich gerechtfertigt, aber es muss erlaubt sein, die sich verschärfende Lage so zu erklären. Das gut eine Drittel der Jugend, das hier auf ein ganzes Jahrzehnt chancenlos sein wird, wird ohne drastische Verbesserung der Jugend-, Sozial- und Bildungspolitik und entsprechender materieller Ressourcen ein Potenzial von innerem Sicherheitsrisiko in sich bergen, das nicht nur den Einzelnen bedroht, sondern das Gemeinwesen und unsere Stadt im Ganzen schädigt und den hiesigen Lebenswert minimieren wird.

Werner Munk, Berlin-Neukölln

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false