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Meinung: Die Täter werden sauber geredet, die Opfer vergessen

Zu Günther Oettingers Rede auf Hans Filbinger Ein herzliches Dankeschön für den Abdruck des NSDAP-Eintrittsbegehrens eines gewissen furchtbaren Juristen, das ja einwandfrei seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus erkennen lässt.1937 konnte ja keiner ahnen, wes Geistes Kind Herr Hitler und Konsorten waren … Was bin ich doch froh, dass ich in Berlin lebe und nicht in Baden-Württemberg, so kann ich mir das Demonstrieren gegen geschichtsklitternde Oberhäupter sparen und mich über einen mutigen und demokratischen Journalismus freuen, der in Berlin seinesgleichen sucht, keine Tageszeitung hat sich getraut damit zu titeln, ich bin restlos begeistert.

Zu Günther Oettingers Rede

auf Hans Filbinger

Ein herzliches Dankeschön für den Abdruck des NSDAP-Eintrittsbegehrens eines gewissen furchtbaren Juristen, das ja einwandfrei seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus erkennen lässt.1937 konnte ja keiner ahnen, wes Geistes Kind Herr Hitler und Konsorten waren … Was bin ich doch froh, dass ich in Berlin lebe und nicht in Baden-Württemberg, so kann ich mir das Demonstrieren gegen geschichtsklitternde Oberhäupter sparen und mich über einen mutigen und demokratischen Journalismus freuen, der in Berlin seinesgleichen sucht, keine Tageszeitung hat sich getraut damit zu titeln, ich bin restlos begeistert. Die Neonazis, die mir regelmäßig bei meiner Berufspendlerei im Ostteil Berlins begegnen reichen mir für die Aufrechterhaltung meiner Wut und meines Geschichtsbewusstseins vollständig aus.

Beate Zupan, Berlin-Tempelhof

Was kann die Veröffentlichung des Aufnahmeantrags für die NSDAP von Herrn Filbinger beweisen? Rein gar nichts. Eine Mitgliedschaft in einer Einheitspartei eines diktatorischen Staates – auch nach der Nazizeit – war nicht immer so freiwillig wie auf der Meinungsseite vom 18. April behauptet. Die innere Haltung zu den jeweiligen Regimen kann man aus ihr schwerlich ableiten.

Dr. Heinz Schulz, Berlin-Hermsdorf

Über Filbinger zu sagen, er sei kein Nazi gewesen, ist grotesk und eine Verhöhnung seiner Opfer.

Hans-Dieter Skottki,

Berlin-Wilmersdorf

Mit seiner Trauerrede hat Ministerpräsident Oettinger den rechten Parteien einen Bärendienst erwiesen.

Adolf Sibberns, Berlin-Charlottenburg

Wenn man Günther Oettinger guten Glauben und historische Unkenntnis zubilligen will, dann sind er und seine Redenschreiber dankbar auf den Mythos hereingefallen, den die Generation der Erwachsenen des „Dritten Reiches“ in einem erstaunlichen Akt der Verdrängung nach dem Ende des Krieges 1945 geschaffen und zum Teil bis zu ihrem Lebensende weitgehend bewahrt und sehr bald auch selbst geglaubt hat. Den Mythos von der „Anständigkeit“ des deutschen Volkes mit der Wehrmacht, der Justiz, der Polizei, der Wirtschaft, der Mehrheit der Gesellschaft. Diese Generation wollte nicht begreifen, dass derjenige, der einem verbrecherischen Regime dient, für dessen Verbrechen mitverantwortlich ist.

Die Erwachsenen des „Dritten Reiches“, auch Hans Filbinger, haben in der Tat das zerstörte und demoralisierte Deutschland unter der Führung Konrad Adenauers wieder aufgebaut. Es hat mich in den Jahren seit 1945, die ich als 1931 Geborener bewusst und kritisch miterlebt habe, immer wieder verblüfft, wie sehr diese Generation der Meinung war, sie habe sich deshalb um das Vaterland verdient gemacht und man schulde ihr dafür Dank. Es war doch nur das Selbstverständlichste, was sie auch und besonders im eigenen Interesse, getan hat – etwas wieder aufzubauen, was nur durch ihre aktive Mitwirkung oder ihr passives Mitläufertum, also durch ihre Schuld, zerstört worden war.

Prof. e.h. Wolfgang Hempel, Gaggenau

Die sogenannte erste Entschuldigung beleidigt meine Intelligenz: 1. Das was Herr Oettinger zurücknehmen sollte, war die Reinwaschung des furchtbaren Hitlerrichters Filbinger. Offensichtlich hat er das nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. 2. Wenn das, was er gesagt hat, nicht so gemeint war, warum sagte er es so? Er ist ein Vertreter des Souveräns; wenn er jedoch zu 1. den aufgeklärten Bürger – den Souverän – für dumm verkaufen will oder zu 2. der deutschen Sprache mit ihrem Sinnzusammenhang nicht mächtig sein sollte, wäre er für dieses Amt allerdings nicht der Richtige und sollte zurücktreten.

Wolfgang Pfister, Berlin-Zehlendorf

Es ist mir unbegreiflich, wie ein Politiker in verantwortlicher Position so etwas sagen kann. Nicht weniger schlimm sind die Verteidigungsreden vieler CDU-Landespolitiker Baden-Württembergs.

Burkhard Koettlitz,

Berlin-Wilmersdorf

Es ist leider wahr: Neben dem braunen Sumpf des deutschen Pöbels existiert auch noch der braune Sumpf in Nadelstreifen und sogenanntem Gutbürgertum. Für mich ist völlig unverständlich und nicht plausibel nachvollziehbar, dass sich die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland auch noch mit Oettinger trifft. Der Herr Ministerpräsident verhöhnte zielbewusst die Opfer des Nationalsozialismus, um u. a. die Gunst des o. a. braunen Sumpfes in dieser Gesellschaft zu gewinnen. Oettinger ist in dieser Position untragbar. Eine Frage bleibt noch: Wo war denn eigentlich der Herr Bundespräsident? Er war es doch, der vor der Knesseth vollmundig erklärte, er werde an vorderster Stelle gegen jeden kämpfen, der sich als Sympathisant rechten Gedankenguts erweise und die Opfer der Nazis verhöhne.

Wolfgang Schuchardt, Berlin-Steglitz

Wir sind wahrlich ein Volk mit „Geschichte“, aber noch immer von Geschichtsbewusstsein weit entfernt! Und es darf eigentlich nicht verschwiegen werden: Die CDU und ihr Wählerpotenzial ist bis heute noch nicht mit dem Herzen in den Werten unserer Verfassung angekommen …,Weizsäcker,Süssmuth,Rühe z. B. einmal ausgenommen! Die derzeitige „Merkel-und von-der Leyen-Verzücktheit“ allzu vieler Medien lenkt leider davon ab, wie es scheinbar mehr oder weniger lautlos gesellschaftsfähig wird, so wie Oettinger zu denken … und das auch so zu äußern!

Dagmar Thiele, Berlin-Spandau

Herr Oettinger ist leider kein Einzelfall. Zu einer wissenschaftlichen Studie begehrte ich Einsicht in die Kirchenbücher einer protestantischen Gemeinde. Die wurde mir vom Kirchengericht verwehrt mit der Begründung der Ortspfarrerin: „anlässlich der Kirchenvorstandssitzung sei die Erinnerung an die nationalsozialistische Zeit wieder wach geworden und man haben die Familien, die seinerzeit nationalsozialistisch aktiv waren sowie ihre Abkömmlinge schützen wollen“. Die Täter schützen oder gar, siehe Oettinger, sauber reden und die Opfer vergessen! Was mir große Sorge bereitet, sind nicht die verlogenen Sprüche derer, die besser nachdenken müssten/sollten, bevor sie dümmliche Aussagen von sich geben, sondern die applaudierende Zustimmung in Kreisen des Bildungsbürgertums, der Kirchengemeinden und des Parteiennachwuchses, also der Gesellschaft. Die geistigen Sporen des Nationalsozialismus fliegen noch umher. Sie suchen sich nur einen günstigen Nährboden, um frisch aufzugehen.

P. G. Winfried Hochgrebe,

Berlin-Spandau

Wer den Lebenslauf und das Handeln des Hans Filbinger so verklärt, muss mit Argumenten nachrücken und zwar sofort, wenn daran Kritik geübt wird. Sein Redeauszug war so klar und unmissverständlich und hätte auch angesichts der Gepflogenheiten in unserem Kulturkreis in keiner Trauerrede erwähnt werden müssen. Da nährt sich bei mir der Verdacht, dass eine gewisse Sympathie zu Filbinger oder Taktiererei zum rechten Flügel der Landespartei der Spiritus rector war. Welche Beweggründe es auch gewesen sein mögen, Minister und Ministerpräsidenten sind schon aus geringerem Anlass zurückgetreten.

Manfred Herz,Berlin-Kreuzberg

Günther Oettinger wird die Rede zu Ehren Hans Filbingers nicht allein und nicht so nebenher konzipiert haben. Dieser und jener seiner engen politischen Freunde hat die Rede, mindestens in deren wesentlichen Zügen, gekannt. So wenige namhafte, zumindest im Ländle, wichtige Personen waren es in den vergangenen Tagen nach dem Trauerakt nicht, die ihn in seiner Wertschätzung des Verblichenen bestärkten. Es geht also nicht darum, dass der Ministerpräsident, an diesem Ort und in der Situation, von innerer Betroffenheit und Trauer übermannt den Verstorbenen falsch bewertete. Auch aus der großen Trauergemeinde konnte ich keine Zeichen der Betroffenheit hören.

In der Trauerrede des CDU-Vorsitzenden in Baden-Württemberg und Mitglieds des Präsidiums der CDU wird die rechte politische Substanz sichtbar. Wer also gegen rechten Extremismus in der BRD angehen will muss dort und jetzt ansetzen.

Wie lautet die Forderung der Politiker aller Farben: Gesicht zeigen! Dann tun sie es endlich!

Herbert Rubisch,

Maastricht, Niederlande

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