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Meinung: Grüne dürfen Armenier nicht kränken

„Völkermord? Nichts als Verleumdung!

„Völkermord? Nichts als Verleumdung!“ vom 29. März 2005

In regelmäßigen Abständen berichten die deutschen Medien von dem Völkermord an den Armeniern im Jahre 1915. Und ebenso regelmäßig stimmen die türkischen Medien das Klagelied von der Verleumdung der Türkei an. Ob nun das Haus des Pfarrers Lepsius in Potsdam zu einem Museum ausgebaut werden oder ein Raum des Berliner Parlaments für eine Gedenkfeier für die ermordeten Armenier zur Verfügung gestellt werden soll – immer erklingt dasselbe Lied: Verleumdung, Beleidigung.

Dabei lässt sich der Streitfall doch nur lösen, wenn alle Dokumente der damaligen Vorgänge Historikern übergeben würden, damit diese sie erforschen und beurteilen könnten. An der wissenschaftlichen Aufarbeitung der damaligen Gräueltaten sollten alle damals Beteiligten, auch die türkische Regierung als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches, interessiert sein. Schließlich sind die Bücher von F. Werfel („Die vierzig Tage des Musa Dagh“, 1933 erschienen und von den Nazis umgehend verboten) und E. Hilsenrath („Das Märchen vom letzten Gedanken“, 1989) fester Bestandteil der deutschen Literatur. Oder sollen die aus den Buchhandlungen bzw. Büchereien verbannt werden, damit nicht der Verdacht aufkommen kann, es hätte sich 1915 vielleicht doch um einen Völkermord gehandelt? Oder gar um eine Verleumdung durch die beiden Schriftsteller?

Bedenklich ist in diesem Kontext die Aussage des türkischstämmigen Abgeordneten der Grünen im Berliner Parlament, Özcan Mutlu, der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper, werde mit seinem Vorhaben, bei der Gedenkveranstaltung der Armenier die Anwesenden zu begrüßen, „die 2,5 Millionen Türken in Deutschland kränken“. Sind die Grünen von ihrem Anspruch, die Menschenrechte in unserer Welt prinzipiell zu wahren, schon so weit abgerückt, dass sie in den Chor derer einstimmen, die das Lied von der Verleumdung und Beleidigung singen?

Prof.a.D. Dr. Helmut Essinger, Berlin-Schöneberg

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