zum Hauptinhalt

Meinung: Ist die Wehrpflicht noch zeitgemäß?

Zur Diskussion über eine Abschaffung der Wehrpflicht Das bisherige System der Einberufung für den Wehrdienst in die Bundeswehr ist im höchsten Maße ungerecht. Deshalb ist der SPD-Vorstoß erst einmal die Freiwilligen als Wehrpflichtige zu nehmen doch vernünftig.

Zur Diskussion über eine Abschaffung

der Wehrpflicht

Das bisherige System der Einberufung für den Wehrdienst in die Bundeswehr ist im höchsten Maße ungerecht. Deshalb ist der SPD-Vorstoß erst einmal die Freiwilligen als Wehrpflichtige zu nehmen doch vernünftig.

Wenn nicht alle Wehrpflichtigen eines Jahrganges für die Bundeswehr gebraucht werden ist es doch vernünftig, wenn man sich erst einmal auf die Freiwilligen beschränkt, so lange ihre Anzahl ausreicht. Das sollten doch alle vernünftigen Politiker einsehen.

Jürgen Schulz, Buchholz

Die Wehrpflicht ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Wenn nur noch 65 000 von 430 000 jungen Männern eines Jahrgangs zum Wehrdienst eingezogen werden, werden diese im höchsten Maße ungerecht behandelt.

Die Eingezogenen haben gegenüber denen, die keinen Dienst ableisten müssen, Nachteile in Beruf und Studium. Oft wird ja argumentiert, dass Zivildienstleistende in sozialen Einrichtungen dringend benötigt werden. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Zivildienstleistenden aber halbiert. Die Sozialverbände setzen mehr und mehr auf ehrenamtliche Kräfte, Ein-Euro- Jobber und das sogenannte freiwillige soziale Jahr.

Eine Abschaffung der Wehrpflicht würde auch der veränderten Rolle Deutschlands in der Welt Rechnung tragen, denn schon heute werden im Ausland nur Profis und Freiwillige eingesetzt. Und da Deutschland auch künftig Verantwortung wird übernehmen müssen, wäre es nur logisch den nächsten Schritt zu gehen und die Bundeswehr zu einer Freiwilligen- und Berufsarmee umzubauen.

Christian Koch, Berlin-Gesundbrunnen

Sehr geehrter Herr Schulz,

sehr geehrter Herr Koch,

die Wehrpflicht hat sich bewährt und sie ist auch nach wie vor zeitgemäß. Sie ist nach wie vor ein geeignetes Instrument, um auch den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu begegnen. Die Wehrpflicht ist zudem aktive Sicherheitsvorsorge. Es ist überhaupt nicht absehbar, wie sich die Sicherheitslage in Europa in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird.

Gerade angesichts der Gefahren asymmetrischer Kriegsführung oder des Nuklearterrorismus würden wir mit fließenden Übergängen vom Katastrophenschutz bis zum klassischen Verteidigungsfall zu tun haben. In solchen Fällen wird uns die mit der Wehrpflicht verbundene, schnelle Aufwuchsfähigkeit sehr nützlich sein.

Wenn die Wehrpflicht einmal abgeschafft ist, wird es kaum die Chance geben, sie wieder einzuführen – selbst wenn dies dann noch so notwendig sein sollte. Diese Art der Mobilisierung kann nicht einfach aus- und wieder angeknipst werden. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen zudem, dass Berufsarmeen deutlich kostenintensiver sind.

Darüber hinaus ist die Wehrpflicht wichtig, um für die Bundeswehr weiter qualifizierten Nachwuchs zu finden.

Wir müssen den Wehr- oder Zivildienst besser als bisher honorieren, zum Beispiel durch den Erlass der Gebühren im Falle eines anschließenden Studiums. Möglichkeiten dazu gibt es viele.

Was die Frage der Wehrgerechtigkeit angeht, so müssen Einberufungs- und Musterungspraxis deutlich verbessert werden. Mängel dort sind aber kein Argument gegen die Wehrpflicht, sondern eine dringende Aufforderung an Politik und Verwaltung, sie so weit wie möglich abzustellen. Vollständige Wehrgerechtigkeit hat es jedoch nie gegeben, seitdem es die Bundeswehr gibt. Es macht auch keinen Sinn, vom Staat zu verlangen, mehr Wehrpflichtige einzuziehen, als aktuell erforderlich sind. Im Übrigen wird allein aufgrund des demografischen Faktors – vor allem im Osten Deutschlands erwarten wir ab 2009 geburtenschwache Jahrgänge – die Wehrgerechtigkeit wieder zunehmen.

Die Idee der SPD, eine „freiwillige Wehrpflicht“ einführen zu wollen, ist ein Widerspruch in sich. Ich halte sie außerdem mit dem Grundgesetz nicht für vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat diesem Modell im Übrigen eine Absage erteilt: „Würde man im Hinblick auf die behauptete gleichheitswidrige Einberufungspraxis es jedem Wehrpflichtigen freistellen, ob er den Grundwehrdienst antritt, wäre die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit Deutschlands in hohem Maße gefährdet“ (2 BvR 821/04 vom 17.5.2004, Absatz-Nr. 27).

Mit freundlichen Grüßen

— Eckart von Klaeden (CDU), MdB, außenpolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false