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Meinung: Jetzt aber Schluss mit Rücksichtslosigkeit, Vandalismus und Verwahrlosung

„Weltoffen und ignorant“ von Bernd Matthies vom 25. Mai Zwei, dreimal täglich kann man beobachten, wie in Berlin Ignoranten und Ego-Tripler mit ihrem Auto bei Rot über die Ampel zu fahren.

„Weltoffen und ignorant“

von Bernd Matthies vom 25. Mai

Zwei, dreimal täglich kann man beobachten, wie in Berlin Ignoranten und Ego-Tripler mit ihrem Auto bei Rot über die Ampel zu fahren. Viele telefonieren auch noch dabei. Es schreitet ja niemand ein, denn in Berlin gibt es immer weniger Polizeibeamte. Wenn das Ordnungsamt abends nicht mehr durch die Straßen geht, wird wild geparkt und das Auto auch am Morgen drauf noch falsch stehen gelassen. Fahrrad fahren die meisten Berliner auf dem Gehweg, und vielen ist es dabei egal, ob sie an spielenden Kindern vorbeirasen.

Die Parks sind nach einem sonnigen Wochenende total vermüllt. Auf den Spielplätzen lassen Eltern ungeniert ihre Pappteller neben ihren Zigarettenkippen auf dem Boden liegen. Soll doch die Stadtreinigung saubermachen. Kaum jemand hält an einer Kaufhaustür dem nächsten die Tür auf. An der S-Bahnstation ICC pinkeln Männer einfach in die Ecke, obwohl daneben zahlreiche Menschen auf den Bus warten. Jeden Tag kann man diese Liste fortschreiben. Von Graffiti, Hundekot und zerkratzten Scheiben an Bussen und S-Bahnen ist hier schon gar nicht mehr die Rede.

Berlin ist die Hauptstadt des Vandalismus, der Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit. Aber warum sind die Berliner, Deutsche wie Migranten, so? Entweder hat niemand ihnen ordentliches Benehmen beigebracht oder die Auswirkungen ihres Handelns sind ihnen egal. Dabei könnte es so einfach sein: Jeder kann tun und lassen was er will – aber nicht auf Kosten anderer.

Wolfgang Kindler,

Berlin-Charlottenburg

Wenn Ihnen Berlin zu dreckig und „ungezogen“ ist, dann ziehen Sie doch nach Hamburg! Berlin wird Sie nicht vermissen.

Miriam Sowa, Berlin-Friedrichshain

So präzise hat selten jemand den Zustand unserer Stadt beschrieben. Sind es „die Berliner“, die ihre Stadt so ruinieren? Inzwischen sind wohl bald weniger in Berlin geborene Zugereiste in dieser Stadt ansässig (mit und ohne Migrationshintergrund, aus bildungsfernen und nicht bildungsfernen Schichten). Sie alle zählen als Berliner und allen ist inzwischen diese Stadt irgendwie wurscht. Ein vertretbares Maß „von allem etwas“ ist längst überschritten. Das Ergebnis beschreibt Herr Matthies treffend.

Wenn dem nun so ist, müsste ja eigentlich die Staatsgewalt die Störer des friedlichen Zusammenlebens in die Schranken weisen. Feuerwehrmänner, Ordnungsamtangestellte, Busfahrer werden angegriffen, Polizisten müssen sich in ihre Autos retten und sehen sich von einem bedrohlichen Mob umzingelt – hilflos.

Manchmal wünschte ich mir, die Berliner Polizei würde mal ein Jahr in New York City Dienst machen und die New Yorker Polizei hier (…trotz aller negativen Begleiterscheinungen, die diese Truppe mit sich bringt).

Und was mich am meisten zornig macht: Dass ich überhaupt solcher Gedanken fähig bin, was vor zwanzig/dreißig Jahren undenkbar gewesen wäre.

Dieter Salemann, Berlin-Reinickendorf

Ihr Artikel spricht mir und sicher vielen Berlinern und Berlin-Besuchern aus dem Herzen. Aber wie soll man den Missständen begegnen ? Durch mehr Angehörige von Polizei oder Ordnungsämtern auf den Straßen ? Dazu ist doch die politische Führung nicht bereit. Eingreifen von Beobachtern kann – leider, auch das ist beklagenswert – mitunter gefährlich werden. Was bleibt dann noch?

Peter Bittroff, Berlin-Tempelhof

Mir ist, mit Verlaub, das Frühstück im Hals stecken geblieben, dass ausgerechnet die BSR ein Lob abbekommt. Seit mehr als zwei Jahren versuche ich, die BSR zu veranlassen, in meiner Straße entsprechend den vertraglichen (und von Anwohnern und Steuerzahlern bezahlten!) Verpflichtungen zu reinigen (hier: Mo.–Fr. täglich). Ergebnis: es passiert schlicht nicht. Die BSR kann zwar sicher nachweisen, dass ein Mitarbeiter an betreffenden Tagen hier gereinigt hat, aber es passiert überwiegend auf die gleiche Art: Ein Kehrwagen fährt den Gehsteig entlang, die unzugänglichen Ecken hinter Bänken/Bäumen/Fahrradständern/Hochbeeten bleiben verdreckt. Handreiniger kommen allenfalls zwei Mal pro Woche vorbei und auch danach ist es teilweise abenteuerlich, wie viel Müll die „übersehen“. Falls Sie die BSR dazu befragen, kann ich Ihnen die Antwort vorwegnehmen: Man wird berichten, das läge daran, dass hier in Kreuzberg niemand so schnell reinigen könne, wie die Bewohner ihren Müll ablagern. Das ist zwar unbestreitbar ein ärgerliches Problem, ändert aber nichts an dem o. a. Sachverhalt.

Christian Kortenkamp,

Berlin-Kreuzberg

Der Artikel bringt das Problem auf den Punkt. Hoffentlich ist das der Startschuss für positive Veränderungen. Zivilcourage ist gefragt.

Dr. Wolfgang Bitter, Berlin-Zehlendorf

Letztens habe ich drei Tage in Wien verbracht. Mag ja sein, dass Wien und Berlin für unterschiedliche Arten von Lebensgefühl stehen. Aber müssen Kreativität und Dynamik - die es in Wien ebenfalls gibt - in Berlin automatisch mit Schmutz, Schmiererei und Vermüllung einhergehen? Ich habe in Wien nicht eine verkratzte Bus- oder Tramscheibe gesehen, keine Schmierereien am Wagenäußeren, keine zerschlissenen Sitze in den Verkehrsmitteln und habe mich die ganze Zeit über gefragt: Wie machen die das?

Doris Maret, Berlin-Lichterfelde

Mit Jammern kommen wir nicht viel weiter. Auf Dauer könnte die Liebe zum armen, aber sexy Berlin erkalten, wenn wir nicht ernsthaft darangehen, Rücksichtslosigkeit, Vandalismus und Verwahrlosung den Kampf anzusagen. Auf die von uns dafür eigentlich bezahlten Ordnungsämter brauchen wir dabei nicht zu hoffen. Es ist Sache jedes Einzelnen, dagegen anzustinken, wenn zum Beispiel Grünanlagen vergammeln, der eine Mitmensch seinen Müll grundsätzlich dort fallen lässt, wo er gerade steht, der andere seine Nachbarn zu nächtlicher Stunde gern an seinem Musikgenuss teilhaben lassen möchte oder die Helden der Straße in rekordverdächtigem Tempo im Dunkeln ohne Licht auf der falschen Seite heranradeln und, ob per Rad oder Pkw, möglichst bei Tiefrot die Kreuzung überqueren. Mehr Bürgersinn und weniger Angst davor, als Spaßbremse beschimpft zu werden, würde uns allen gut anstehen. Es gibt den alten Grundsatz, dass, wenn ich nicht sage, was mich stört, auch niemand weiß, dass es mich stört. Ich appelliere deshalb an alle, denen die Zustände missfallen, sich laut zu äußern: gegenüber denen, die den Dreck und Verfall produzieren, gegenüber denen, die ihn nicht beseitigen, obwohl es ihre Aufgabe wäre, gegenüber den politisch Verantwortlichen, die in ihrem Wolkenkuckucksheim vor sich hin träumen und die Realität ignorieren. Wir haben viele Möglichkeiten, zu handeln, je nach Situation und eigenem Vermögen. Lebenbedrohliche „Zivilcourage“ ist dabei gar nicht erforderlich. Wir müssen nur raus aus dieser Lethargie, die alles zulässt. Solange wir uns weiter hinter der Anonymität der Großstadt verstecken, wird sich nichts ändern

Ingrid Döring, Berlin-Kreuzberg

Toleranz endet oftmals in Dummheit, Berlin ist der Beweis dafür. Das Zumüllen von Teilen der Stadt, das ignorieren der Straßenverkehrsordnung, die ständigen Beschädigungen von fremden Eigentum durch Schmierereien, das alles scheinen viele Berliner aus Nachweis ihrer weltmännischen Weltoffenheit zu verstehen. Da muss man sich schon fragen, wessen Geistes Kind eine große Anzahl der Bewohner dieser Stadt sind.

Peter Koch, Kernen

Sie haben mir aus tiefster Seele gesprochen. Punktlandung, gerade als ich meinen mit „Tags“ verschmierten Briefkasten gereinigt habe. Ich unterstreiche jedes Wort. Niemand will einen geharkten Kurort aus Berlin machen, aber ich lasse mir nun mal als jemand, der in vielen Teilen der Welt gelebt und gearbeitet hat, nicht von unseren militant-ignoranten „Anti-Alles“ vorgeben, was weltstädtisch, schick und „cool“ ist.

Christian Nowak, Berlin-Nikolassee

Berlin ist angeblich arm, aber sexy. Wenn aber der Bürgersinn durch mangelnden gegenseitigen Respekt und zunehmende Rücksichtslosigkeit untergraben wird, dann verliert die Stadt auch ihren selbstgefälligen und schwer nachvollziehbaren Sex-Appeal.

Sabine Haberland,

Berlin-Niederschönhausen

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