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Meinung: Kostet die Finanzkrise in Deutschland Arbeitsplätze?

Zur Finanzkrise Die Krise hat bisher in den USA 1,6 Millionen Haushalte das Haus gekostet und wird in Great Britain Tausende Banker den Job kosten und in Deutschland? Die Zeitarbeiter wurden bei Opel, Ford und BMW schon vor die Tür gesetzt.

Zur Finanzkrise

Die Krise hat bisher in den USA 1,6 Millionen Haushalte das Haus gekostet und wird in Great Britain Tausende Banker den Job kosten und in Deutschland? Die Zeitarbeiter wurden bei Opel, Ford und BMW schon vor die Tür gesetzt. Macht ja alles nicht, waren ja nur ein paar billige Zeitarbeiter, dazu werden es bald auch die anderen Arbeitnehmer merken.

Wolfgang Pallentin, Berlin-Schöneberg

Nun haben wir es schwarz auf weiß: "Die deutsche Wirtschaft steht (…) am Rande einer Rezession." Wer in den letzten Wochen etwas anderes geglaubt hat, muss schon sehr blauäugig sein. Die Konstellation ist eindeutig: Die US-Bürger haben 20 Jahre lang ihren Konsum mit Krediten finanziert, nun gibt es keine Kredite mehr, also wird nicht mehr konsumiert. Und was nicht gekauft wird, muss nicht produziert werden. Bei der Größe der USA hat das selbstverständlich Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.

Die Auswirkungen der Finanzkrise werden gerade den Exportweltmeister Deutschland treffen - und hier vor allem die Arbeitnehmer! Leiharbeiter bei zum Beispiel BMW oder Ford haben das schon zu spüren bekommen - viele mussten gehen, fest angestellte Mitarbeiter werden wohl folgen. Ich denke, auch in vielen anderen Branchen werden die Folgen der Krise Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung tatsächlich zu vertreten ist. Wenn die Zahl der Beschäftigten sinkt, sinken auch die Einnahmen der Bundesagentur für Arbeit bei gleichzeitig steigenden Ausgaben.

Carsten Meyer, Hamburg

Sehr geehrter Herr Pallentin,

Sehr geehrter Herr Meyer,

die gegenwärtige Finanzkrise ist seit vielen Jahrzehnten die größte Wirtschaftskrise, die wir zu erfahren hatten. Sie ist dennoch nicht mit der Weltwirtschaftskrise des letzten Jahrhunderts vergleichbar. Ein Grund dafür ist nicht, dass die Risiken größer geworden sind, sondern dass unser Verständnis und insbesondere unsere Instrumente besser geworden sind. Richtig ist allerdings, dass die öffentliche Wahrnehmung der Probleme dramatische Züge angenommen hat, die nicht mehr mit den Realitäten in Verbindung stehen.

Aber Panik ist nie ein guter Ratgeber. Dies gilt insbesondere beim Finanzmarktsektor, wo dies Herdenverhalten auslösen kann, das wiederum genau die Krise verursacht, die sie zunächst nur beschwert hat. In diesem Sinne ist die Krise brandgefährlich. Sie ist aber im Kern eine Vertrauenskrise bei den Akteuren des Finanzmärkte selbst, denn im Mittelpunkt steht das Misstrauen der Banker untereinander. Dies ist wegen der internationalen Verflechtung und Verschachtelung dieses Sektors eine besondere Herausforderung. Nur Staat und Zentralbanken können international koordiniert den Vertrauensverfall stoppen und neues Vertrauenskapitial aufbauen. Das wird nur gelingen, wenn bald die Umrisse einer neuen Finanzarchitektur festgelegt werden.

Wenn dies gelingt, dann steht die Weltwirtschaft nicht am Rande einer globalen Rezession und Panik ist unangemessen. Ohnehin werden zurzeit nur die negativen Signale der Wirtschaftsentwicklung gesehen und die positiven ignoriert. Das gehört zu den Realitäten der Mediengesellschaft. Aber die langsamere Konjunkturentwicklung ist seit langem nicht nur prognostiziert, sie hat sich im zweiten und dritten Quartal längst in einer Schrumpfung bemerkbar gemacht. Die Auftragsbücher in vielen Bereichen der Wirtschaft sind dennoch weiter voll, die drastisch fallenden Energie- und Nahrungsmittelpreise sowie der fallende Wert des Euros und die anhaltend steigende Beschäftigung und der Abbau der Arbeitslosigkeit stimulieren Exporte und Konsum. In der Folge kann sich die deutsche Wirtschaft wieder erholen und auch 2009 ein insgesamt bescheidenes, aber dennoch positives Wachstum von ein Prozent erzeugen. Die Automobilbranche in den USA ist bereit im vergangenen Jahr eingebrochen und befindet sich im Wandel. Diese Entwicklung ist eine Strukturkrise und schon gar keine Folge der sich in den letzten Wochen verstärkenden Finanzmarktkrise. Die Folgeerscheinungen in Deutschland treten dort auf, wo die Wirtschaft mit dem amerikanischen Markt sehr eng verknüpft ist. Leiharbeiter, die derzeit in der Automobilindustrie nicht gefragt sind, werden nicht arbeitslos, da sie bei den Leiharbeitsfirmen dauerhaft beschäftigt sind. Sie werden in andere Branchen vermittelt, wo sie gebraucht werden. Unternehmensteuerreform und die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge waren in diesem Jahr bereits ein wirksames Stabilisierungsprogramm für die Konjunktur. Auch sprudeln die Steuereinnahmen weiter. Wenn sie ausfallen und die Kosten für die Arbeitslosen steigen, dann stabilisieren die so entstehenden Budgetdefizite automatisch die Wirtschaftsentwicklung.

Mit freundlichen Grüßen

— Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann,

Präsident des Deutschen Instituts

für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

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