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Meinung: Muss man den Hedgefonds Fesseln anlegen?

Zur Berichterstattung über Griechenland und dieEurokriseDass Herr Juncker George Soros und Co. mit Konsequenzen für den Fall droht, dass sie gegen den Euro spekulieren, ist sicher mehr als gerechtfertigt.

Zur Berichterstattung über Griechenland und die

Eurokrise

Dass Herr Juncker George Soros und Co. mit Konsequenzen für den Fall droht, dass sie gegen den Euro spekulieren, ist sicher mehr als gerechtfertigt. Leider aber ist es wenig glaubhaft, dass er „die Folterwerkzeuge aus dem Keller“ holen würde - und das wissen auch diese Zocker an den internationalen Finanzmärkten. Zum besseren Verständnis ein kleiner Rückblick: Bei Wikipedia kann man nachlesen, dass sich schon im Februar 2007 die G-7-Finanzminister darauf verständigt haben, Hedgefonds in Zukunft genauer kontrollieren zu wollen. Ziel der G7 sei es, mögliche Risiken aus den Hedgefonds-Aktivitäten auszumachen und so weltweite Finanzkrisen und Dominoeffekte bei Fondspleiten zu verhindern.

Als das Ausmaß der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise nach der Lehman-Pleite deutlich wurde, waren auf der ganzen Welt die Stimmen von Politikern zu hören, die danach riefen, Spekulationen an den internationalen zu unterbinden, damit sich eine solche Krise nicht wiederholt. Als eine wichtige Maßnahme wurde von Experten vor allem eine Regulierung der Hedgefonds angesehen, die mit teilweise extrem risikoreichen Finanzstrategien hohe Renditen erwirtschaften.

Passiert ist bis heute letztlich nichts. Die Hedgefonds arbeiten im Gegensatz zu Banken weiterhin weitgehend ohne behördliche Aufsicht und zocken, was das Zeug hält, um ihre Gewinne zu maximieren. Wer die Zeche zahlt, ist ihnen egal, solange sie es nicht sind. Es ist ihnen egal, wenn weltweit viele Familien plötzlich ohne Einkommen dastehen, ihre Altersversorgung und/oder ihre Häuser verlieren.

Was mich aber ärgert, ist die Tatsache, dass es den Politikern in verantwortlichen Positionen, in den Regierungen, den Parlamenten, auch egal zu sein scheint. Wäre es anders, wäre eine Regulierung der Hedgefonds-Branche längst erfolgt. Oder?

Michael Richter, Berlin-Kreuzberg

Sehr geehrter Herr Richter,

Ihre Skepsis angesichts der bisherigen Folgenlosigkeit der Forderungen nach einer effektiveren Regulierung sämtlicher Finanzmarktakteure, gerade also der bislang weitgehend unbehelligt agierenden Hedgefonds, kann ich gut nachvollziehen.

War diese Schwerfälligkeit schon vor der Finanzkrise ein Skandal - zu Recht erinnern Sie daran, dass unser damaliger Finanzminister Peer Steinbrück dieses Thema gegen den Widerstand aus Großbritannien und den USA bereits auf die Agenda des Weltwirtschaftsgipfels 2007 gebracht hatte -, so ist es jetzt einfach nicht länger hinzunehmen.

Die Notenbanken und Regierungen weltweit haben sich in den letzten beiden Jahren gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise gestemmt. Und zwar durchaus mit einigem Erfolg, wenn man es etwa mit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren vergleicht.

Dieser Erfolg steht aber in Frage, wenn auf den Finanzmärkten jetzt massiv gegen die angespannten Staatshaushalte spekuliert wird.

Die Politik kann nur die Oberhand behalten, wenn sie gleichzeitig der Spekulation wirksamer als bisher Einhalt gebietet. Und zwar egal, ob da Hedgefonds oder andere Marktakteure am Werke sind und mit riesigen Mengen billig geliehenen Geldes gezielten Druck auf einzelne Länder und Währungen aufbauen, der deren Absturz dann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden lässt.

Hier helfen strengere Eigenkapitalvorgaben, wie sie zurzeit in der EU vorbereitet werden. Wichtig ist dann aber, dass diese auch für alle Marktteilnehmer gelten. Ebenso müssen sogenannte ungedeckte Leerverkäufe verboten werden, mit denen auf fallende Kurse von Wertpapieren und Währungen gewettet wird.

Und noch entscheidender ist eine Regulierung auf dem Markt der sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Das sind eigentlich Versicherungen gegen den Ausfall des Schuldners bei einem Kreditgeschäft. Kann dieser nicht zahlen, erhält ein Gläubiger, der solche CDS erworben hat, den Ausfall vom Verkäufer erstattet. Das Problem dabei: An den Finanzmärkten kann man solche CDS erwerben, ohne selbst an dem zugrunde liegenden Kreditgeschäft beteiligt zu sein.

Damit wird aus der Versicherung aber eine bloße Wette! Ins Alltagsleben übersetzt: Wenn das Haus meines Nachbarn abbrennt, bekomme ich die Versicherungssumme! Kein Wunder, dass auf den Finanzmärkten so viele Brandstifter unterwegs sind!

Deswegen muss der Handel mit CDS vollständig auf ständig überwachte und streng regulierte Marktplattformen gebracht werden. Das hat die SPD bereits vor einem Jahr gefordert. Und auf diesen Plattformen sollten nur diejenigen Marktteilnehmer als Käufer auftreten können, die auch tatsächlich im Verlustfall das abzusichernde Risiko tragen müssten.

Es gibt also Mittel, um die Staaten vor den Spekulanten zu schützen. Es ist aber ständige Wachsamkeit gefordert - denn es werden immer neue Instrumente entwickelt. Dabei muss es dringend grenzüberschreitende, schnelle und effiziente Zusammenarbeit und Regulierung geben. Mit Folter hat das nicht zu tun, sondern mit der Pflicht der Regierungen, das Geld ihrer Steuerzahler so gut wie möglich zu schützen.

— Nicolette Kressl, MdB,

finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion

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