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Meinung: PFLICHTBEITRÄGE IN UNTERNEHMERVERBÄNDEN Ruiniert die IHK Existenzgründer?

Unser Leser Günter Gladis kritisiert die Zwangsmitgliedschaft von Betrieben – der Geschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer antwortet.

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Betrifft: „DIHK will weiter Geld von Gründern“ vom 10. Oktober 2002

Für manches Kleinunternehmen ist die Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie und Handelskammern (IHK) nicht nur ein Ärgernis. In schlechten Zeiten ist dies auch eine wirtschaftliche Belastung. Unabhängig von der wirtschaftlichen Situation werden die Unternehmen mit jährlichen Pflichtbeiträgen zur Kasse gebeten. Selbst bei existenzbedrohenden Verlusten oder Existenzgründungen sind sie nicht zu vermeiden.

IHK-Verweigerer mussten in zwei Urteilen des Bundesverwaltungsgerichtes 1998 erfahren, dass demokratische Willensbildung durchaus in einer Pflügergemeinschaft (Zwangsmitgliedschaft) enden kann, auch wenn die Betroffenen nicht als Mitglied „willensbilden" wollen.

Zahlungsunwillige Zwangsmitglieder der Berliner IHK, die aus ihrer grundsätzlichen Ablehnung keinen Hehl machen, werden besonders hart angefasst. Selbst bei jahrelangen, existenzgefährdenden Verlustsituationen besteht die IHK Berlin weiter auf ihren willkürlich festgelegten Pflichtbeiträgen.

Die eingefleischte Hauptstadt-Bürokratie potenziert sich in der Verbandsbürokratie der IHK. Nur bei Wohlverhalten erhält der Bürger einen Stempel. Ein Antrag auf Antrag muss beantragt werden. Dynamische Kreativität, Investition und Unternehmungsgründungen in der Hauptstadt Berlin?

Günter Gladis, Berlin-Mitte

Die Antwort

Sehr geehrter Herr Gladis,

ich danke Ihnen für Ihren Leserbrief, der mir Gelegenheit gibt, Missverständnisse auszuräumen.

1. Die Industrie- und Handelskammern sind unabhängige Vertreter der Interessen der Wirtschaft in der jeweiligen Region. Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie erfinden. IHKs arbeiten ganz ohne öffentliche Gelder, wodurch gesichert ist, dass sie ihre Meinung frei von jeder staatlichen Beeinflussung bilden und gegenüber Politik und Verwaltung vertreten können.

2. IHKs erfüllen hoheitliche Aufgaben aus dem Bereich des Wirtschaftslebens (zum Beispiel in der Dualen Berufsausbildung und im Außenwirtschaftsverkehr) statt nach dem Staat zu rufen. Die Unternehmen können die sie unmittelbar berührenden Dinge durch ihre IHK selbst in die Hände nehmen.

3. IHKs sind durch und durch demokratisch. Unabhängig von seiner Größe hat jedes Unternehmen bei IHK-Wahlen eine Stimme und damit gleichen Einfluss.

4. Anders als beim Stimmrecht beteiligt sich jedes Unternehmen an der Finanzierung unserer Aufgaben nach seiner Leistungskraft. Die Höhe der Beiträge legen die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Vollversammlung jährlich selbst fest. Derzeit zahlt ein Drittel unserer Mitgliedsunternehmen aufgrund geringer Erträge gar keinen Jahresbeitrag. Der Mindestbeitrag für die anderen Unternehmen liegt bei 51,10 Euro im Jahr und steigt mit dem wirtschaftlichen Erfolg. Damit ist gewährleistet, dass unsere Mitglieder nicht unangemessen beansprucht werden.

5. Dieses Beitragssystem fußt elementar auf dem Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit. Ausnahmen hiervon sind in Härtefällen vorgesehen. Ob ein solcher Härtefall vorliegt, stellt der Beitragsausschuss der IHK Berlin, der aus Mitgliedern der Vollversammlung besteht, fest. In Härtefällen kann der Beitrag dann gestundet, (teil-) erlassen oder in Raten gezahlt werden. Beitragsgerechtigkeit heißt somit auch, dass in allen anderen Fällen Beiträge erhoben werden. Würden wir auf fällige Beiträge grundlos verzichten, müssten die anderen Beitragszahler im nächsten Jahr mit höheren Beiträgen die Zeche zahlen.

Roland Engels

Geschäftsführer IHK Berlin

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