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Meinung: Politik mit dem Armeestiefel ist primitiv

Betrifft: „Etzels Hof gehört nicht in unser Jahrtausend“ vom 27. Juli 2003 Ihre Kritik an der öffentlichen Präsentation der Jagdstrecke auf Saddams Söhne kann ich nur voll und ganz unterstützen.

Betrifft: „Etzels Hof gehört nicht in unser Jahrtausend“ vom 27. Juli 2003

Ihre Kritik an der öffentlichen Präsentation der Jagdstrecke auf Saddams Söhne kann ich nur voll und ganz unterstützen.

Ich sehe und beurteile von derselben Warte aus auch das Vorgehen der israelischen Regierung in den Palästinensergebieten. In Ermangelung kluger politischer Lösungen wird dort blutige Rache geübt, und selbst Wohnhäuser und Olivenhaine von Palästinensern werden in grimmiger Rachelust zerstört.

Die Regierung Bush hat dazu in der Vergangenheit geschwiegen – im stillen Einverständnis, wie man angesichts des aktuellen Vorgehens im Irak annehmen muss. Symbol dieser Politik ist der Armeestiefel, der die Tür eines Privathauses eintritt, und der überdimensionierte Bulldozer, der „Terroristenhäuser“ platt macht. Das wirkt nicht klug, sondern primitiv.

Sie haben klug festgestellt, dass blutige Kriegsmaßnahmen lange nach dem offiziellen Ende der Kämpfe, im Status der Besetzung, dem Aufbau von Vertrauen und einem Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung krass zuwiderlaufen: Es gilt weiterhin das Recht des Stärkeren.

Bei allem aufrichtigen Bemühen, fair und neutral urteilen zu wollen: Zwischen palästinensischem Bombenterror und dem Verhalten der israelischen Armee vermag ich keinen prinzipiellen Unterschied mehr zu erkennen.

Sie sagen völlig richtig: So etwas passt nicht mehr in unsere Zeit. Wenn wir uns im globalen Dorf nicht daran gewöhnen wollen, dass hehre Worte von Demokratie und Menschenrechten je nach Gelegenheit ernst gemeint oder nur Augen wischendes Gesülze sind, dann dürfen wir primitive Machtpolitik nicht kritiklos hinnehmen. Andernfalls katapultieren wir uns in die Zeit der alten Römer zurück. Die fanden auch schon schöne Rechtfertigungen für hässliche Macht und Eroberungspolitik und gefielen sich in selbsterhöhender Bespiegelung: Wir bringen den unterworfenen „Barbaren“ unsere „Zivilisation“. Welche eine Wohltat!

Wolfgang Reinert, Frechen

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