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Meinung: „Rettungsfolter“ darf nicht rechtens werden

„Ein Tabu wird gebrochen“ vom 6. Dezember 2005 Man kann dem Artikel von Müller-Neuhof nur uneingeschränkt zustimmen.

„Ein Tabu wird gebrochen“

vom 6. Dezember 2005

Man kann dem Artikel von Müller-Neuhof nur uneingeschränkt zustimmen. Das absolute Folterverbot duldet keinerlei Relativierung, denn „die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Art. 1 Satz 1 Grundgesetz). Allenthalben ist in den letzten Wochen an den vor 60 Jahren eröffneten Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess erinnert worden. Die dort entwickelten „Nürnberger Prinzipien“ bilden seitdem die Grundlagen des Völkerstrafrechts. Zu ihnen gehört die Sanktionierung von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, also der Verletzung von Menschenrechten. Der große amerikanische Jurist, ehemalige US-Justizminister und Chefankläger in Nürnberg, Robert Jackson, hat in einer der berühmtesten Reden der Rechtsgeschichte beim Verlesen der Anklageschrift ausgeführt: „Wir dürfen niemals vergessen, dass nach dem gleichen Maß, mit dem wir die Angeklagten heute messen, auch wir morgen von der Geschichte gemessen werden.“

Das Fatale an der Folterdebatte ist, dass sie durch ihre bloße Existenz das in der westlichen Zivilisation als kulturellen Fortschritt mühsam aufgebaute Foltertabu bricht. Die Entwicklung vollzieht sich rasant. Sie ist schon so weit fortgeschritten, dass Rechtsprofessoren eine staatliche Verpflichtung zur so genannten „Rettungsfolter“ behaupten und sie vom renommiertesten Verfassungskommentar nach Uwe Wesels Meinung („Die Zeit“ vom 1.12.2005) sogar als verfassungsrechtlich abgesichert angesehen wird. Auch deutsche Juristen könnten sich daran machen, wie es ihre amerikanischen Kollegen schon getan haben, Regeln für „verschärfte Verhöre“ zu entwickeln.

Dr. Peter Weber, Richter am Kammergericht a. D., Berlin-Zehlendorf

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