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Meinung: Sie halten sich den Tod von der Seele

„Wer mit dem Schädel spielt“ vom 27.10.

„Wer mit dem Schädel spielt“

vom 27.10.2006

Danke für den Kommentar von Frau Tönnies. Auch ich empfand das Entsetzen in Politik und Medien als heuchlerisch. Die Soldaten sind junge Menschen, die sich in einer totalen Ausnahmesituation befinden, die sich die Politiker, die den Einsatz dort zu verantworten haben, vermutlich gar nicht vorstellen können. Trotz Vorbereitung wird die tatsächliche Situation anders und für viele sehr schwer zu bewältigen sein.

Christa Bartholdt, Berlin-Britz

Heuchlerisch sind nicht die empörten Reaktionen vieler Menschen auf das Verhalten der Soldaten in Afghanistan, sondern die Ansichten von Frau Tönnies. So geht es ihr in ihrem Positionspapier schlichtweg darum, ihren Unmut über den Einsatz deutscher Soldaten kundzutun. Man kann Gründe haben, ein Engagement deutscher Soldaten im Ausland abzulehnen, aber eindeutiges Fehlverhalten von Soldaten gegenüber Verstorbenen damit zu entschuldigen, dass die Verantwortung für dieses Verhalten bei der Öffentlichkeit zu suchen ist, die „ihre Jungs“ in die feindliche Welt schickt, ist abwegig.

Pia von Saldern, Berlin-Friedenau

Ein großer Dank für diese mutigen Worte an Frau Tönnies: Es sei im Zusammenhang mit dem im Osten Deutschlands begangenen Reformationstag erinnert an den jungen Luther, der mit dem Teufel ringt. In den Krisengebieten von heute sind es unsere großen Kinder, die ganz brutal mit ihrer Angst vor dem Tod umgehen müssen. Es ist ja schon eine ganze Menge getötet und verletzt worden, ohne dass eine ähnliche Empörung durch unsere Presse ging. Die Öffentlichkeit wurde ferngehalten von den Bildern der Särge und der Trauernden. Wenn man so den Tod verdrängt, muss man sich nicht wundern, dass die Auseinandersetzung mit dieser Angst vor dem Tod auf andere Weise von den Jugendlichen unserer Gesellschaft geführt wird, so wie sie es bisher auf den Halloweenpartys, Horrorfilmen und in den Medien gesehen haben: sich auf diese Weise den Tod vom Leibe und von der Seele zu halten, indem man mit ihm spielt und ihn lächerlich macht.

Sind unsere großen Verantwortlichen nicht ein wenig zu schnell im Verurteilen, zu langsam im Begreifen dessen, was da in den Köpfen und Seelen junger Menschen vor sich geht? Der Enkelsohn einer ehemaligen Mitarbeiterin hat in Afghanistan lange als Soldat aushalten müssen, er hat in Deutschland vor dem Einsatz Folterkurse über sich ergehen lassen müssen, in denen er schlimmste Schmerzen ertragen musste, um sich darauf vorzubereiten, was ihm und seinen Kameraden zugefügt werden könnte. Bekommen unsere jungen Soldaten die Hilfe, die sie brauchen, anstatt sie so politisch korrekt und „sauber“ zu verurteilen und zu Sündenböcken zu machen? Müssen sich nicht auch die die Hände waschen, die mit diesen ihren Händen abgestimmt haben und beschlossen haben, Kinder unserer Gesellschaft dorthin zu schicken, wo sie lebende Zielscheiben sind für die Raketen der Taliban? Ist es nicht eigentlich die große Angst vor islamistischer Vergeltung, die unsere Politiker und moralischen Instanzen zu solch harten Worten veranlasst? Muss erst eine Frau, Mutter, eine Juristin kommen, die verstehen und erklären will? Wäre das nicht auch die Aufgabe derer, die von hier aus am grünen Tisch die große Politik machen? Sind es nicht dieselben Politiker und Meinungsmacher, die dafür eintreten, dass in einer Berliner Oper mit den abgeschlagenen Köpfen von Religionsstiftern gespielt werden darf, im Namen der Freiheit der Kunst? Welche Ähnlichkeit der Bilder.

Kurt Kreibohm, Ev. Pfarrer

Berlin-Zehlendorf

Wir danken der Autorin Sibylle Tönnies für ihre Positionsbeschreibung, weil diese Sensibilität und Großzügigkeit gegenüber den Problemen junger Soldaten und Soldatinnen zeigt. Außerdem macht sie deutlich, dass (unsere) Machthaber seit Menschengedenken, also ohne jemals etwas dazugelernt zu haben, unausgereifte, junge Menschen mit Konflikten und Ängsten konfrontieren, die sie ohne professionelle Hilfe kaum bewältigen können. Schlussendlich schicken sie sie in den Tod. Wie die Generation vor uns diese Kriegserlebnisse „verarbeitet“ hat, wissen wir alle.

Anne und Andreas Heinzel,

Berlin-Tempelhof

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