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Meinung: Wann kommt endlich die Lkw-Maut für Bundesstraßen?

„Die Maut kommt – mit scharfen Kontrollen“ vom 16. Dezember und „Maut macht Autobahnen attraktiver“ vom 19.

„Die Maut kommt – mit scharfen Kontrollen“ vom 16. Dezember und „Maut macht Autobahnen attraktiver“ vom 19. Dezember 2004

Endlich kommt die längst fällige LkwMaut. Die Ankündigung langer Wartezeiten vor den Buchungsautomaten - und das gut ausgebaute Landes- und Bundesstraßennetz - werden dazu führen, dass ein Teil der Lkw statt auf Autobahnen durch Dörfer und Städte fährt. Nächtliche Lkw-Transitfahrten über Bundes- und Landesstraßen, wie man sie z.B. aus Frankreich zwischen den Benelux-Staaten und Spanien kennt, werden dann auch hier zum Straßenbild gehören. Weil die Gewinnmargen im Fuhrgewerbe klein sind, werden Lkw-Fahrer, wenn kein besonderer Termindruck herrscht, die mautpflichtigen Autobahnen meiden. Die Folgen: der nächtliche Lärmteppich der Umgehungsstraßen wird den Schlaf beeinträchtigen, und in den Städten kommt es zu Umwelt- und Unfallgefahren. Der deutsche Städtetag hat bereits im Jahr 2000 vor einer Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf die Stadtstraßen gewarnt.

Die Städte sind aufgrund neuer EU-Gesetze ab 2005 zur Einhaltung von Lärm- und Luftgrenzwerten verpflichtet. Die Lkw-Welle wird Nachtfahrverbote, weit gehende Geschwindigkeitsbegrenzungen, und Sperrungen nach sich ziehen.

Um den Lkw-Verkehr auf die Autobahnen zu verlagern, sind Benutzungsgebühren auch für Lkw auf Stadt- und Landstraßen erforderlich. Um Verkehr stärker auf Autobahnen zu verlagern, müssten die sogar höher sein als dort. Sonst wird das Mautsystem kaum zum „Exportschlager".

Tilman Bracher, Dipl.-Volkswirt, Deutsches Institut für Urbanistik, Koordinator AB Umwelt und Verkehr, Berlin

Sehr geehrter Herr Bracher,

die Lkw-Maut kommt. Mit dem Start des Mauterfassungssystems zum 1. Januar 2005 vollziehen wir einen echten Systemwechsel, den Übergang von der reinen Steuer- zur Nutzerfinanzierung. Die Lkw-Maut ist ein Schlüsselinstrument für eine gerechtere Kostenanlastung im Straßengüterverkehr und für den Abbau von Wettbewerbsnachteilen der Schiene.

Der Güterverkehr auf deutschen Straßen hat sich in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt; bis zum Jahr 2015 wird er nach Einschätzung der Bundesregierung nochmals um mehr als 60 Prozent wachsen. Das hat mit der Osterweiterung der EU zu tun und mit der Rolle Deutschlands als Transitland, aber auch mit der immer knapperen Lagerhaltung des produzierenden Gewerbes. Die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene geht nicht ohne Kostendruck, und hier setzt die Maut an. Wenn es sich lohnt, zur Fabrikation eines Bechers Jogurt die Milch und den Plastikbecher von Punkt A und B nach Punkt C zu befördern und das Endprodukt nach Punkt D zu verkaufen, dann müssen wir die Transportkosten betrachten. Eine derartige ökonomische Verschwendung, die nicht zuletzt in einem Anteil von 30 Prozent Leerfahrten zum Ausdruck kommt, sollte sich keine Volkswirtschaft leisten.

Die Mautgebühr wird zunächst auf 12 000 Autobahn-Kilometern mit im Schnitt 12,4 Cent pro gefahrenem Kilometer erhoben; betroffen sind voraussichtlich etwa 1,4 Millionen Lkw mit einem Gewicht über zwölf Tonnen. Künftig heißt das: Je schwerer und umweltschädlicher das Fahrzeug und je länger die zurückgelegte Strecke, desto teurer die Rechnung. Das wird für in- und ausländische Fahrzeuge gleichermaßen gelten.

Die Gefahr, dass Lastwagenfahrer nach dem Mautstart Autobahnen verlassen und auf Bundes- oder Landstraßen ausweichen, sehe ich nicht. Ein Umgehen der Maut durch Ausweichen auf Bundes- und Landstraßen wird allenfalls in Einzelfällen möglich sein. Für die Speditionen rechnet sich dies nicht. Solche Umwege würden die Fahrt in der Regel erheblich verlängern und verursachen nicht zu vernachlässigende Mehrkosten. Der Faktor Zeit ist für Spediteure einer der wichtigsten überhaupt. Die Ansprüche der Kunden bezüglich fixer Termine wachsen. Wenn ein Transportbetrieb mittags Fleisch ausliefert, das am nächsten Morgen in Hamburg sein soll, muss es auf die Autobahn. Nach Berechnungen des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes kostet jede halbe Stunde, um die sich die Fahrtzeit verlängert, die Speditionen 30 Euro.

Als Folge der Maut rechnet das Bundesverkehrsministerium mit einer Verlagerung von zwei bis vier Prozent des Autobahnverkehrs auf die Landstraße. Minister Manfred Stolpe hat daher bereits angekündigt, dass er diese Entwicklung sehr genau beobachten wird und notfalls auch über eine Ausdehnung der Maut auf einzelne Bundesstraßen nachdenken will, falls Lkw-Fahrer darauf ausweichen sollten. Denn unser Ziel ist: Wenn eine Verlagerung von Verkehr, dann nicht auf Landstraßen und durch Ortschaften, sondern auf die Schiene.

— Uwe Beckmeyer ist Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau- und Wohnungswesen der SPDFraktion im Deutschen Bundestag.

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