zum Hauptinhalt

Meinung: Warum wird nicht eine Partei für die Nichtwähler gegründet?

„Zwischen Sympathie und Abgrenzung“ vom 13. Juli 2004 Ob Deutschland eine neue „Links“Partei braucht, spielt zum jetzigen Zeitpunkt für die Menschen keine vordergründige Rolle.

„Zwischen Sympathie und Abgrenzung“ vom 13. Juli 2004

Ob Deutschland eine neue „Links“Partei braucht, spielt zum jetzigen Zeitpunkt für die Menschen keine vordergründige Rolle.

Vielmehr stellt sich die Frage: Warum ist die Bereitschaft der Menschen offensichtlich so groß, eine neue Partei mitzutragen ?

Fehlende Motivationsziele und Zukunftsperspektiven für einen stetig expandierenden Betroffenenteil der deutschen Bevölkerung bieten sehr fruchtbaren Nährboden, um eine neue Partei zu unterstützen. Der verstärkte Wunsch, selbst aktiv zu werden und es auch zu dürfen, teilbefriedigt bereits im Vorfeld die Menschen.

Ohne Motivation wird es in Deutschland nicht mehr gehen. Motivation ist der ureigenste Antrieb in allen Lebensbereichen. Speziell im Arbeitsleben führt dies zu effizienten und hochqualitativen Arbeitsabläufen mit entsprechend geringen Ausfallquoten bei Mensch und Produkt.

Der Sinn einer neuen Partei liegt aktuell – weniger in ihren Organisationsfundamenten und Programmatiken. Weitaus wichtiger zeigt sich die „Mitnahmefähigkeit“ in Bezug auf die hoffenden Menschen aller Schichten.

Bei Vorhandensein dieser Befähigung können wir real von einer neuen Partei (in Gründung) mit Erfolgschancen sprechen.

Die Parteien im Bundestag haben auf lange Sicht zu große Hürden hinsichtlich einer unmittelbaren und gemeinsamen Handlungsebene für die Bürger aufgebaut. Das Angebot der Wählerinitiative setzt genau an diesem Punkt an. Keine der bestimmenden Parteien bietet solch eine lebendige sowie menschlich nahe Plattform an. Die Aktivierung der Nichtwähler in Deutschland und Ansprachefähigkeit der enttäuschten Volksparteiwähler von Rechts bis Links kann nicht als Schwächung der SPD deklariert werden. Ebenso wenig spielt die Wahlalternative der CDU/CSU/FDP-Achse in die Hände.

Eines ist sicher – in den kommenden Monaten wird es in der Parteienlandschaft bewegter zugehen.

Detlev Bischof, Rendsburg

Sehr geehrter Herr Bischof,

Parteien sind Problemlösungsagenturen. Sie spitzen wichtige politische Auseinandersetzungen zu, geben ihnen über ihr Personal Stimme und Gesicht. Parteien sind zudem immer dann erfolgreich, wenn sie die Kraft besitzen, einem gesellschaftlich bedeutenden Konflikt politisch Ausdruck zu verleihen. Gleichzeitig bleiben sie Machterwerbsorganisationen: Die jeweils entwickelte Sachalternative muss wie in einem Tagesintegrationswerk von den einzelnen Parteipolitikern zunächst parteiintern mehrheitsfähig gemacht werden. Sachfragen sind deshalb immer auch Machtfragen. An beidem muss man die neu gegründete „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ messen. Denn sie verdankt zunächst ihren Medienerfolg dem Umstand, dass viele Bürger von der Bundesregierung vor allem im Bereich der Ökonomie enttäuscht sind.

Die Wahlalternative hat bislang den Charme der Unverdächtigkeit. Sie betonen zurecht den Bewegungscharakter des eingetragenen Vereins, der offenbar Hoffnung verbreitet. Da sich die Aktivisten in Sachfragen innerhalb der SPD nicht durchsetzen konnten, verließen sie aus Machtfragen die etablierte Sozialdemokratie. Angesichts der mittlerweile messbaren Verachtung unserer Repräsentationselite – Parteispitzen zählen ebenso dazu wie Gewerkschaftsfunktionäre – kommt die Wahlalternative zunächst clever als Sammelbecken daher. Sie möchte Hoffnungen wecken, weil sie angeblich die Bedürfnisse der Bevölkerung besser widerspiegelt als die etablierten Parteien. Sieht man präzise hin, dann sammelt die Wahlalternative Reformgegner, SPD-Frustrierte, Modernisierungsverlierer, weiter abstiegsgefährdete Arbeiter. Die Aktivisten sind zum überwiegenden Teil Gewerkschafter, die auch den Ton der Gewerkschaftsbewegung anschlagen. Das vermeintlich Neue kommt insofern personell doch sehr traditionell daher. Will der neue Verein Erfolg in einer Wahl-Demokratie haben, muss er sich als politische Partei stellen. Doch Sie reduzieren die Problematik, wenn Sie unterstellen, dass nicht das Programmatische, sondern die Bürgernähe die neue Linkspartei in die Parlamente bringt. Denn noch entscheiden Inhalte über Sieg oder Niederlage. Wem Kompetenz zur Lösung zentraler Konfliktfelder unterstellt wird, erfreut sich großer Zustimmung. Nur wenn die neue Linkspartei mit bekannten und kompetenten Persönlichkeiten überzeugend vermitteln kann, dass sie soziale und gerechte Lösungen bei knappen Ressourcen für den Umbau des Wohlfahrtsstaates hat, wird sie wählbar. Voraussetzung eines denkbaren Wahlerfolges für eine neue Linkspartei bleibt darüber hinaus die Wählerwut gegenüber der SPD. Mit sozialer Gerechtigkeit als Thema kann man durchaus neue Mehrheiten bilden. Doch die meisten Bürger können Gerechtigkeit am Regierungshandeln der Koalition im Bund nicht mehr erkennen.

— Karl-Rudolf Korte ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false