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Meinung: Wird sich die Situation an Berlins Schulen weiter verschlechtern?

Zur Berichterstattung über die Lage an den Berliner Schulen Dem Abgeordneten Mutlu kann man nur zustimmen. Ergänzend möchte ich bemerken: Mitte der 90er Jahre habe ich den damaligen Schulsenator Böger in einer öffentlichen Diskussion gefragt, wie er den Ersatz für 10 000 Lehrer (von 30 000!

Zur Berichterstattung über die Lage

an den Berliner Schulen

Dem Abgeordneten Mutlu kann man nur zustimmen. Ergänzend möchte ich bemerken: Mitte der 90er Jahre habe ich den damaligen Schulsenator Böger in einer öffentlichen Diskussion gefragt, wie er den Ersatz für 10 000 Lehrer (von 30 000!), die bis zum Jahre 2010 in den Ruhestand gehen werden, zu realisieren gedenkt. Damals antwortete Böger sinngemäß: Ich werde so viel Lehrer einstellen, wie unsere Schulen sie brauchen. Und im Jahre 2007? Sarrazin hat sich mit dem Rotstift „rein rechnerisch“ durchgesetzt. Die Berliner Schulen, wie ich in Gesprächen mit Lehrern und Schulleitern höre, wissen nicht, wie sie ihren fachspezifischen Bedarf an Lehrern decken sollen. Wo läuft das einstmals vorbildliche Berliner Schulwesen hin? An die Wand?

Dr. Peter Gaude, Berlin-Buckow

Die Darstellung des Wissenschaftssenators ist in meinen Augen nur Augenwischerei. Die geplante Neueinstellung und Stellenaufstockung von 450 Lehrern ist nur die eine Seite. Auf der anderen werden zum kommenden Schuljahr alle Schulen verpflichtet, ihr Personal auf 100 Prozent Lehrerausstattung zu reduzieren. Das bedeutet, dass es keine Vertretungsreserven mehr geben wird. Förder-und Differenzierungsunterricht werden so gut wie nie stattfinden, da sie im Erkrankungsfall der Lehrer dem Regelunterricht weichen müssen. Unsere Schule hätte für das kommende Schuljahr eine optimale Ausstattung von 104 Prozent gehabt. Aufgrund der Personalreduzierung auf 100 Prozent muss nun statt der versprochenen Neueinstellungen eine äußerst engagierte junge Lehrerin die Schule verlassen. Aufgrund ihres Familienstandes und der Bepunktungsstrategie des öffentlichen Dienstes werden pädagogische Fähigkeiten und Qualifikationen nicht betrachtet.

Abschließend bleibt mein Wunsch, offenzulegen, dass die Situation an den Berliner Schulen aufgrund der Reduzierung der Lehrerausstattung sehr viel schlechter wird und nicht, wie den Wählern vorgelogen wird, ein großer Schritt hin zur „Stadt des Wissens“ ist!

Silke Komm, Berlin-Buckow

Sehr geehrter Herr Gaude,

sehr geehrte Frau Komm,

Verantwortung drückt sich vielfältig aus – auch in der Ernsthaftigkeit der politischen Auseinandersetzung. Die Planungen des Berliner Senats zur Personalpolitik der Schulen verfolgen diesen Ansatz. Mit den vom Senat beschlossenen Haushaltsdaten hat die Berliner Schule Rahmenbedingungen erhalten, die im Ländervergleich weit vorn liegen: Die Schülerzahlen gehen um zwei Prozent zurück – trotzdem steigt der Etat für die Schulen überproportional zum Gesamthaushalt. Schule steht im Mittelpunkt – zu Recht.

Berlin hat eine bessere Versorgung mit Lehrkräften als andere Bundesländer: Eine hundertprozentige Ausstattung für Regelunterricht und eine Fülle von Maßnahmen ergänzender Förderung sind vollständig im Haushalt abgedeckt.

450 neue Lehrkräfte, darunter auch die Aufstockung vieler junger Lehrkräfte von Zweidrittel- auf Vollstellen, steigen im neuen Schuljahr hoch motiviert in die Schulen ein.

Zusätzlich zu den 100 Prozent Unterrichtsausstattung erhalten die Schulen eine Vertretungsreserve in Höhe von drei Prozent (das entspricht fast 700 Lehrkräften). Schulen können das Budget selbst verwalten und somit endlich zeitnah und schulscharf für Vertretung sorgen. 82 Prozent der Schulen machen mit. Allen anderen wird bei Vertretungen wie bisher zentral geholfen.

Erstmals werden im kommenden Schuljahr überdies die vier Prozent dauerhaft nicht für den Unterricht verfügbaren Lehrkräfte aus dem Etat der Schule herausgerechnet. Wir haben damit in Berlin eine finanzierte Lehrkräfteausstattung von 107 Prozent. Zeigen Sie mir ein Bundesland, das Bildung so wichtig nimmt!

Aber Ausstattung allein schafft noch keine gute Schule. Wir sind intensiv dabei, auch andere wichtige Rahmenbedingungen zu verbessern. Meine Projektgruppen, in denen Schulpraktiker, Eltern und externe Experten mitarbeiteten, haben Spannendes vorgelegt und ich bin entschlossen, das schnell zu prüfen und weitestgehend umzusetzen.

Mit einem 18-Punkte-Sofortprogramm Entbürokratisierung trage ich dafür Sorge, dass die Lehrkräfte von überflüssigen Verwaltungsarbeiten entlastet werden. Weitere Pakete werden folgen. Verbessern werde ich auch die Lehrkräfteplanung. Die besten Lehrkräfte wollen wir in Berlin halten. Schulen müssen frühzeitig wissen, mit welchem Personal sie rechnen können. Dafür müssen wir deutlich schneller werden. Die Projektgruppe „Lehrkräfteplanung“ legte am Donnerstag Vorschläge vor, das Verfahren zu verbessern. Sie spiegeln die gelebte Erfahrung von gestandenen Schulpraktikern wider. Schulpraktiker arbeiten auch in der Projektgruppe „Qualität der Schulaufsicht“ mit, die im September ihren Bericht vorlegt. Ich bin sicher, Vorschläge zur Verbesserung zu erhalten.

Berlins Schulen sind bereits viel besser als ihr Ruf. In Zukunft sollen sie spitze werden. Das kann nur gemeinsam gelingen. Schulen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, eine ausreichende Ausstattung und eine Schulbehörde, die sich konsequent als Dienstleister versteht. Sie brauchen nicht nur engagierte und motivierte Lehrkräfte und Schulleitungen, sondern auch Eltern, die sich als Bildungspartner verstehen. Ich werde weiter dafür werben, dass Schulen in ihrer Arbeit gesamtgesellschaftlich unterstützt und wertgeschätzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

— Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner (SPD),

Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung

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