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Der Tourismus in Berlin boomt.

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Leserkommentar gegen die CityTax: Man kann den Tourismus nicht melken wie eine Kuh

Im Laufe der letzten zehn Jahre wurde Berlin von einer schlafenden und geteilten Stadt zu einer der meistbesuchten Städte Europas. Das ist eine fantastische Leistung, meint unser Leser Joseph Fischer. Man sollte sie nicht durch eine City Tax kaputt machen.

In den letzten 10 Jahren bin ich wiederholt dienstlich in Berlin gewesen und beobachte die Entwicklung der Stadt mit großen Interesse und Sympathie. Bei meinem Berlinaufenthalt in der letzten Woche habe ich aber mit großer Verwunderung von den Plänen des neuen Senates erfahren, eine City Tax einzuführen. Das hat mich veranlasst, Ihnen aus der Perspektive eines ausländischen Berlinfreundes mit 30 Jahren Erfahrung in der Tourismusindustrie zu schreiben.

Im Laufe der letzten zehn Jahre wurde Berlin von einer schlafenden und geteilten Stadt zu einer der meistbesuchten Städte Europas (Nummer 3 nach London und Paris), mit über 20 Millionen Übernachtungen im Jahr 2011. Dies ist eine fantastische Leistung, die in den touristischen Fakultäten auf der ganzen Welt gelehrt wird. Berlin hat die Bettenkapazität in den letzten Jahren von 62.000 Betten im Jahr 2001 auf über 120.000 Betten am Ende des Jahres 2011 verdoppelt. Der weitere Hotelbauboom geht auch im kommenden Jahrweiter und zeigt kein Anzeichen einer Abkühlung. Im Jahr 2012 werden weitere 21 Hotels eröffnet. Damit bietet Berlin mehr Hotelzimmer als Manhattan in New York. Kein Wunder also, dass in den letzten zwölf Monaten der durchschnittliche Zimmerpreis der Hotels in Berlin um sieben Prozent gesunken ist, während dieser in anderen Städten in Deutschland nur um ein Prozent nachgab. Dabei erfolgte dies in Berlin trotz einer gestiegenen Besucherzahl.

In dieser Situation plant der Berliner Senat eine Hotelzimmersteuer (City Tax) von fünf Prozent, die auf den Zimmerpreis (pro Nacht) aufgeschlagen wird. „Wir wollen, dass Berlin reicher wird, aber sexy bleibt“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei der Vorstellung der Pläne im Roten Rathaus. Was kann daran falsch sein , dass die Stadt höhere Einnahmen erzielen will, ohne direkt die Berliner Bürger zu belasten? Man muss die gesamte Situation betrachten.

Von der Tourismuswirtschaft profitieren nicht nur die Hotels, sondern auch Fluglinien, Flughafen, Einzelhandel, Taxifahrer, Reiseveranstalter, Busunternehmer, Stadtführer, Museen, Clubs, Restaurants und weitere weitere mit dieser Branche verbundene Unternehmen.

Diese weitere Abgabe wird auch die Fluggäste direkt betreffen, da es ab der Eröffnung des Flughafen BBI eine neue Flughafengebühr geben wird. Die Flughafengebühren sollen pro Passagier zwischen 20 Euro und 26 Euro liegen. Somit wären die Gebühren um durchschnittlich fünf Euro höher als derzeit am Flughafen Tegel und um 16 Euro höher als momentan am Flughafen Schönefeld. Die Fluggesellschaften, allen voran die Low-Cost-Airlines, planen Berlin weniger anzufliegen, wodurch auch schon weniger Touristen der nach Berlin kommen werden.

Auch die verschärfte Rezession in Europa sollte berücksichtigt werden. Die meisten werden sich zweimal überlegen, ob, wann und wie oft sie in den Urlaub fahren werden. Gerade deswegen sollte Berlin weiterhin attraktiv bleiben und dafür sorgen, dass viele Touristen nach Berlin kommen. Eine City Tax ist hier ganz klar kontraproduktiv, insbesondere bei der bestehenden Struktur an vorwiegend Hostel- und Budgethotel-Klientel.

Man sollte auch an die Hotelinvestoren denken: Die Anleger haben auf steigende Übernachtungszahlen vertraut, Milliarden von Euro in neue Hotels investiert und viele von ihnen müssen ihre Kredite den Banken zurückzahlen.

Die Stadt lehnt eine Regulierung von Hotelneubauten in Berlin ab. Es ist verständlich, dass die Stadt immer mehr Hotels ansiedeln möchte, da dadurch mehr Steuern gezahlt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Nur ist diese Rechnung ohne den Wirt gemacht worden. Zwar werden immer mehr Hotels eröffnet und es kommen immer noch die Touristen nach Berlin, nur durch das Überangebot von Hotels fällt der Zimmerpreis jedes Jahr und die Anleger bleiben auf Kosten sitzen. Dies bringt niedrige Zimmerraten und schrumpfende Margen mit sich. In der Folge werden Leistungen für den Gast gestrichen und die Qualität wird sinken. So gibt es bereits zahlreiche Hotels in Berlin, die ihr gastronomisches Angebot gestrichen haben und nur noch Frühstück anbieten.

Die Berliner Hotels zahlen Mitgliedsbeiträge an die "Visit Berlin"-Organisation. Aus meiner eigenen Berufserfahrung in Israel und weltweit macht diese einen fantastischen Job. Die Hotels werden aber auf Dauer keine externe Hotelpreiserhöhung und die Mitgliedschaftsgebühr bei 'Visit Berlin' tragen können.

Durch meine langjährige Erfahrung in der Hotellerie sowie im Tourismus erlaube ich mir daher aus der Entfernung eine Empfehlung abzugeben, die nur ein Denkanstoß sein soll: Berlin sollte langfristiger denken und branchenspezifischer. Der Tourismus ist keine 'Milchkuh', die nur zum Melken da ist. Die Zuständigen für solch eine Steuer tun sich auch gewiss keinen Gefallen und sollten die Kehrseite dieser Touristensteuer bedenken. Steuern zu erheben ist leicht, den langfristigen verursachten Schaden zu sehen, dagegen weniger.

Der Verfasser ist Vertreter und Mitglied des Vorstands der IDB TOURISMUS Group, einer der größten Tourismusunternehmen in Israel.

Joseph Fischer

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