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Libyen-Affäre: Schlecht gebrüllt, Löwe

Affäre, Skandal oder bloß eine Petitesse? Anmerkungen zur Ausbildungshilfe für Libyen.

Von Hans Monath

Die Moral aus der afrikanischen Erzählung vom Kind und dem Löwen gilt auch in der Politik und besonders für Guido Westerwelle: Dreimal schreit der kleine Wichtigmacher das ganze Dorf zusammen, weil ihn das schreckliche Raubtier angeblich fressen will. Als der Löwe dann tatsächlich aus dem Busch schleicht, hört niemand auf die Hilferufe des Schreihalses, der ein schreckliches Ende nimmt.

Der FDP-Chef hat nun besonders laut gerufen und mit einem Untersuchungsausschuss gedroht, um die Regierung in der Affäre um Ausbildungshilfe für libysche Sicherheitskräfte unter Druck zu setzen. Dabei werkelt seit zwei Jahren schon ein U-Ausschuss zum Thema BND lustlos vor sich hin, an dem die Öffentlichkeit nach anfänglicher Aufregung fast jedes Interesse verloren hat. Was, bitte, will Westerwelle fordern, wenn wirklich einmal eine politische Schurkerei oder ein Großversagen aufzuklären ist? Und wer hört ihm und der Opposition dann noch zu?

Denn als Skandal hat sich der Libyenfall bislang nicht erwiesen. Damit kein Missverständnis entsteht: Parlament und Öffentlichkeit haben jedes Recht, Auskunft über tatsächliche oder nur behauptete Verbindungen dieser Regierung oder ihrer Vorgänger zum Libyengeschäft einer privaten deutschen Sicherheitsfirma zu verlangen. Doch bevor immer neue Kontakte behauptet und anschließend bestätigt oder dementiert werden, stellt sich zunächst die Kernfrage, was so verwerflich an privatem oder sogar staatlichem Antiterrortraining für Libyen sein soll.

Niemand bestreitet, dass Gaddafis Regime früher für Terroranschläge wie den auf die Berliner Diskothek La Belle verantwortlich war, Chemiewaffen produzierte und heute noch immer brutal mit seinen Gegnern umspringt. Doch Gaddafi hat sich vom Terror abgewandt und ist nun Partner des Westens. Wenn sich etwa der Iran in Fragen der Rüstungskontrolle nur halb so kooperativ verhalten würde wie heute Libyen, wäre die Welt ein besserer Ort.

Aber die Welt ist kein guter Ort, und auch der nordafrikanische Staat wird als Partner im Antiterrorkampf und als Erdöl- und Erdgaslieferant gebraucht. Hätten Bundes- und Landesregierungen womöglich den Elitepolizisten und dem Feldjäger die private Weitergabe von Sicherheits-Know-how genehmigen sollen, wenn die gefragt hätten? Auch das Bundeskriminalamt und Beamte des Innenministeriums reisten nach Libyen, um dort über den Antiterrorkampf zu sprechen. Schön ist das nicht, notwendig leider schon.

Außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen müssen sich an der Realität messen lassen. So liefert Frankreich stolz ein Atomkraftwerk an Libyen, das mehr Risiken birgt als jedes deutsche Bodyguard-Training. In Berlin indes geht es derweil um die Frage, warum der BND nicht den Disziplinarverstößen urlaubender Beamter in einem „Schurkenstaat“ nachging. Als ob dadurch Deutschlands Sicherheit bedroht gewesen wäre.

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