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Meinung: Linke Sache

Warum die SPD gut daran tut, eine neue Partei zu fürchten

Soll keiner sagen, er hätte es nicht gewusst. Die PDS ist ja nur zu ostdeutsch geblieben – deshalb ist die Drohung, dass eine neue Partei links der SPD das Thema soziale Gerechtigkeit für sich reklamieren könnte, ernst zu nehmen. Darum will der scheidende Generalsekretär Olaf Scholz so genau Bescheid wissen, was sich wo in dieser Sache tut; aus diesem Grund sind Schiedsverfahren gegen sechs Unterstützer eingeleitet, wie der scheidende Parteichef Gerhard Schröder sagt. Und vor diesem Hintergrund musste der Bayer Franz Maget seine Pläne zurückstellen, eine Art SPD-CSU ins Leben zu rufen. Selbst wenn das aus Gründen der bajuwarischen Besonderheiten vielleicht ganz witzig wäre – nur eben nicht gerade jetzt.

Die führenden Sozialdemokraten nehmen die Sache ernst, weil vor Jahrzehnten ihre Vorgänger historische Fehler gemacht haben. Die ließen zu, dass sich die Grünen auf den Weg zur Partei machten. Nicht ganz so, aber so ähnlich kann es heute mit der neuen linken Bewegung gehen, wenn ihre Bedenken nicht aufgenommen werden. Schon vergessen, die altlinke Lehre? Kannst du deinen Gegner nicht besiegen, umarme ihn. Sicher, historische Vergleiche hinken immer, aber in den 70ern nahmen SPD-Kanzler die Sorge um die Umwelt nicht ganz so wichtig; das Ergebnis war, dass die SPD erst wieder mit Schröder und Oskar Lafontaine über 40 Prozent bei Wahlen kam. Heute darf gerade ein SPD-Kanzler die Angst vor sozialem Abstieg nicht unterschätzen. Zumal sie verbreitet ist.

Eine Gruppierung sammelt bereits Unzufriedene und Verunsicherte: Attac. Der geht es um die Folgen der Globalisierung, die zunehmend lokal zu spüren sind. Würde nun das wachsende Potenzial für Protest in eine Partei überführt, wären es plötzlich viele, die ihren Unmut an der Wahlurne ausdrücken könnten. Die soziale Erhebung fände dann nicht mehr wie bisher vornehmlich auf Kongressen und zuweilen auf der Straße statt.

Was zum Aufstieg jetzt noch fehlt, ist eine schillernde politische Figur. Ein Sozialkonservativer mit rednerischem Talent, der zusätzlich über organisatorische Gaben verfügt; einer, der eine Partei groß machen kann. Lafontaine könnte das. Die SPD kann von Glück reden, dass er im Moment nicht zur Verfügung steht; dass Lafontaines Herz links, aber immer noch für die SPD schlägt. Dennoch: Eine Wertedebatte kann sich die SPD nicht länger ersparen. Das hat übrigens dieser Tage auch Gesine Schwan erklärt. Es soll ja nachher keiner sagen können, er hätte nicht gewusst, wofür die Reformen gemacht werden: für den Erhalt des sozialen und gerechten Staats.

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