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Meinung: Mark macht mobil

Von Carsten Brönstrup

Jetzt haben wir endlich den Schuldigen: Für die chronische Wachstumschwäche Deutschlands ist allein der Euro verantwortlich. Bekämen wir nur unsere gute alte DMark zurück, es gäbe flugs mehr Arbeitsplätze und weniger Schulden – so denkt man offenbar im Bundesfinanzministerium von Hans Eichel: Die Gemeinschaftswährung verschrecke nicht nur als Teuro die Verbraucher, sie bringe auch ungünstigere Investitionsbedingungen für die Unternehmen – weil die von der Europäischen Zentralbank festgelegten Kapitalmarktzinsen für alle Euro-Länder gleich sind, sich aber die Inflationsraten stark unterscheiden. Das bringe Deutschland gegenüber seinen Nachbarn mit traditionell schneller steigenden Preisen ins Hintertreffen. Sogar ein Scheitern der Währungsunion wird daher im Finanzministerium durchgespielt – und allenfalls halbherzig dementiert.

Doch allein der Gedanke an ein Ende des Euro ist abenteuerlich. Es würde einem politischen Erdbeben gleichkommen, der deutschen Wirtschaft würde die Rückkehr zur D-Mark überdies mehr schaden als nutzen. Vor 1999, dem Start des einheitlichen Geldes für 300 Millionen Europäer, schwankten die Zinsen in Europa stark, und die deutsche Währung geriet wegen der starken Exportwirtschaft immer wieder unter Aufwertungsdruck. Diese starke Unsicherheit für die Unternehmen wurde mit dem Start des Euro schlagartig beendet. Parallel dazu nahm der Handel unter den Euro-Staaten um zehn Prozent zu – was besonders den deutschen Ausfuhren zugute kam. Es mögen zwar die Finanzierungsbedingungen in Deutschland geringfügig schlechter sein als in Spanien oder in Irland. Größere Bremsen für die wirtschaftliche Dynamik sind aber die Arbeitsmarktpolitik hier zu Lande und die Milliardentransfers nach Ostdeutschland.

So bleibt der Verdacht, dass die Regierung von ihrer Erfolglosigkeit ablenken will. Es ist der unverhohlene Versuch, die EZB zu Zinssenkungen zu bewegen, in der Hoffnung, kurz vor der Wahl steigende Investitionen melden zu können. Ein solches Manöver zeugt von vielem – nur nicht von Vertrauen in die eigenen Reformprojekte.

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