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Meinung: Matthies meint: Benzinwut dringend gesucht

Wo ist die Benzinwut geblieben? Es ist gerade ein paar Monate her, da schien die Bundesregierung von einer Woge des Volkszorns glatt aus dem Amt gespült zu werden.

Wo ist die Benzinwut geblieben? Es ist gerade ein paar Monate her, da schien die Bundesregierung von einer Woge des Volkszorns glatt aus dem Amt gespült zu werden. Inzwischen kostet der Stoff auch ohne neue Ökosteuer glatt 20 Pfennig mehr, aber das revolutionäre Subjekt, der Autofahrer, fügt sich so apathisch in sein Schicksal wie einst der geknechtete Proletarier: Stumpf richtet sich sein Blick auf die Preisanzeige an der Zapfsäule, erschöpft zapft er Liter um Liter wie ein leberkranker Alkoholiker seinen Doppelkorn. Denn ob Amerika Benzin hamstert oder nicht, ob die Scheichs die Preise erhöhen oder senken, am Ende macht es immer fünf Pfennig mehr pro Liter. Zweidreißig ist praktisch gegessen, bei anderthalb Euro sind wir noch nicht, aber irgendeine Schmerzgrenze muss es doch geben, nicht wahr? Dank einer wunderbaren Umfrage ist diese Grenze nun präzise ermittelt, genauer: die Grenzen. Denn die Männer haben eine andere als die Frauen, eine niedrigere; bei 2 Mark 66 würden sie gelegentlich aufs Auto verzichten, die Frauen erst bei 2,69. Drei Pfennige für die einen, für die anderen die größte Kluft der Welt: vielleicht, weil Frauen nur die wichtigen Fahrten - Kindergarten, Tai-Chi-Gruppe - mit dem Auto machen? Doch nun würden wir es gern genauer wissen. Ab welchem Preis würden die Besitzer tiefer gelegter 3-er BMWs auf zweitrangige Wettfahrten verzichten? Wann gehen die Vorstandsvorsitzenden internationaler Konzerne zu Fuß? Sicher ist nur eins: Die Benzinwut, kurz vor Neujahr.

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