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Meinung: Matthies meint: Eins auf die Glocke

Das Wort liegt rund am Gaumen, es schmückt den Benutzer und gilt als Ausweis hoher Regierungskunst: der Konsens. In ihm steckt ein Element sachlicher Auseinandersetzung, ja Trauerarbeit, aber auch ganz doll Mitgefühl - eine richtige Horst-Eberhard-Richter-Vokabel.

Das Wort liegt rund am Gaumen, es schmückt den Benutzer und gilt als Ausweis hoher Regierungskunst: der Konsens. In ihm steckt ein Element sachlicher Auseinandersetzung, ja Trauerarbeit, aber auch ganz doll Mitgefühl - eine richtige Horst-Eberhard-Richter-Vokabel. Dissens dagegen ist hässlich schneidend, klingt nach marxistischer Dialektik und gemahnt mit seinem spitzen i an typische Dissentiker wie Jirgen Trittin. Deshalb schnell zurück zum K-Wort, und zwar in seiner gegenwärtig populärsten Form, dem so genannten Konsensbeschluss. Der Atomkonsens ist einer, und an ihm lässt sich auch genauer aufdröseln, dass da irgendetwas nicht ganz stimmt. Wenn nämlich alle einer Meinung sind, also einen Konsens pflegen, dann brauchen sie eigentlich keinen Beschluss mehr, sondern können nach Hause gehen und sich ein schönes Wochenende machen. Beim Atom aber ist es so, dass die Industrie eine Meinung hat: Atomstrom ist toll. Die Regierungsseite hat sogar mindestens zwei Meinungen: Atomstrom ist mies (Grüne), und "Kinder, seid doch vernünftig" (Gerhard Schröder). Klar, dass dieses Durcheinander mit dem klassischen Kompromiss nicht zu entwirren ist - der Konsensbeschluss muss her. Er besagt: Wir würden uns am liebsten gegenseitig auf die Glocke geben, verschieben das aber ein wenig. Ein Dissens, genau genommen. Aber ohne das hässliche i.

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