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Meinung: Matthies meint: Führer-Spätlese

Wir trinken ja gern mal was Gutes. Rotwein aus Chile beispielsweise ist immer eine prima Sache.

Wir trinken ja gern mal was Gutes. Rotwein aus Chile beispielsweise ist immer eine prima Sache. Doch wer kennt sich mit den Etiketten aus? Gut, dass die cleveren Marketingleute von drüben so einfallsreich sind und gerade den Markenwein "Pinochet" aus der Taufe gehoben haben. Produzent des feinen Tropfens ist der Sohn des abgehalfterten Generals, der sich gute Exportchancen ausrechnet, zum Beispiel nach Spanien: Dort, so sagt er, gebe es noch 30 Millionen Anhänger des Diktators Franco, die sicher einen guten Wein mit markigem Etikett zu schätzen wissen, nicht wahr? Es ist bemerkenswert, dass die Idee zu diesem Verkaufsschlager in Übersee geboren wurde, während kein spanischer Winzer den 30 Millionen Franco-Fans eine Caudillo Gran Reserva keltert und kein portugiesischer Kollege für sie einen süffigen Salazar Vintage Port komponiert - eine Marktlücke mithin, die auch in Deutschland weit sichtbar klafft. Denn unsere Skinheads schütten sich am liebsten mit billigem Dosenbier zu. Niveaulos. Doch welcher deutsche Winzer traut sich, für sie eine Führer-Spätlese vom Berchtesgadener Obersalzberg abzufüllen? Also wird der Pinochet die Lücke füllen. Seine Eigenschaften: Harmonischer Duft nach feuchten Folterkellern, elektrisierend am Gaumen, langer, trauriger Abgang.

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