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Bernd Matthies

© Kai-Uwe Heinrich

Matthies meint: Leuchtdioden, überall Leuchtdioden

Zweifelt noch irgendjemand daran, dass es mal wieder Weihnachten wird? Droben auf allen Häuserspitzen / Sieht man Leuchtdioden blitzen, ein untrügliches Zeichen.

Wir müssen uns das ungefähr so vorstellen, dass die wahren Fans dieser Technik schon den kompletten Totensonntag seit dem Frühstück mit zitternden Händen und angeschlossenen Transformatoren dasitzen und sich fragen, wann den Gefühlen der evtl. trauernden Nachbarn verdammtnochmal endlich genügend Rechnung getragen sei.

Und dann, es mag gegen fünf Uhr nachmittags sein, werfen sie, zack! die Weihnachtsbeleuchtung an. Sackartig baumelt ein grell illuminierter Weihnachtsmann an der Dachrinne, kosig rote Rentiere schälen sich aus dem Abendnebel heraus, grün ranken sich tannenförmige Girlanden um ihre Geweihe herum, weißgelb grinst ein debiler Schneemann über die gesamte Bescherung, und eine blaue Lichterkette, der letzte Schrei der weihnachtlichen Hochtechnologie, ätzt derart in die Umgebung, dass die Diagnose eigentlich klar ist: Es droht akute Augenkrebs-Gefahr.

Doch wer könnte uns schützen? Àrnulf Baring und Hans-Olaf Henkel sind zu sehr mit Weltenrettung beschäftigt, Veronica Ferres dreht gerade irgendwo im Ausland, und auch CIA und BND haben andere Sorgen. Hallo, Herr Jörges? Komisch, der sagt doch sonst immer zu allem was.

Und was machen unsere Gerichte? Geben dem Lichtterror auch noch recht. Lichterketten und beleuchtete Weihnachtsmänner seien inzwischen so weit verbreitet, dass Vermieter sie dulden müssten, urteilte das Berliner Landgericht soeben. Schärfer hätte sich die Abdankung der Justiz in fundamental ästhetischen Fragen kaum demonstrieren lassen: Wenn nur genügend Leute lange genug die gleichen Narreteien verüben, ist das irgendwann normal und muss hingenommen werden. Und keine klitzekleine Grundrechtspräambel beschränkt den Leuchtzeitraum wenigstens auf Dezember bis Februar.

Wir müssen das andersherum probieren. Leuchtdioden kosten Strom! Strom ist Klimagift, daran mästet sich der Teufel Vattenfall, bis ihm die Profite zu allen Seiten aus den Kraftwerken herausquellen! Mit anderen Worten: Hier wäre dringend ein Machtwort der Kandidatin Künast fällig. Allerdings könnte man sich vorstellen, dass sie ihre Wahlchancen vielleicht doch nicht ganz so schnell irreparabel auf null bringen möchte.

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