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Meinung: Matthies meint: Was nicht fehlte

Wir sehen ein wenig klarer jetzt. Vieles, was vor der Katastrophe so seltsam wichtig wirkte, liest sich danach vergleichsweise absurd, wenn nicht wahnsinnig.

Wir sehen ein wenig klarer jetzt. Vieles, was vor der Katastrophe so seltsam wichtig wirkte, liest sich danach vergleichsweise absurd, wenn nicht wahnsinnig. Zum Beispiel die Ankündigung der "Landeswelle Thüringen", man werde drei ausgewählte Paare dazu aufrufen, ein Kind zu zeugen, und dem ersten so produzierten Baby ein komplett eingerichtetes Zimmer schenken. Wir erinnern uns an Berliner, die wegen einer solchen Aktion ihr Badezimmer zertrümmern sollten, die zu viert in einem Auto hockten, um dieses Auto am Ende zu gewinnen - alles, um ein wenig Quote für den Werbemarkt zu machen. Dürfen wir die Hoffnung formulieren, dass derlei Unfug für die nächsten Wochen und Monate einfach abgeschafft wird? Fast ebenso befremdlich liest sich die Werbeprosa von der IAA, die es für wichtig erklärte, dass ein neues Sportcoupé 476 PS und ein maximales Drehmoment von 700 Newtonmeter auf die Straße bringe. Kurz nach der Meldung kam New York, wir sahen ein wirklich großes Drehmoment und seine Folgen - und finden jetzt die achtzylindrige Muskelprotzerei nur noch sehr, sehr befremdlich. Waldbesitzer nennen den Druck finanzieller Lasten schlimmer als den sauren Regen, Diebe suchen in einem Stollen in Halberstadt nach DDR-Geldscheinen. Ja, und? Wir werden uns wohl auch beim Zeitungsmachen eine Zeitlang schwer tun, solche Sachen wichtig genug zum Drucken zu finden.

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