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Meinung: Maul- und Klauenseuche: Gesund geht anders

Bauern leisten sich selten Mitleid mit ihrem Vieh. Sie können es sich auch gar nicht leisten.

Bauern leisten sich selten Mitleid mit ihrem Vieh. Sie können es sich auch gar nicht leisten. Schließlich ist die Produktion von Fleisch, Milch oder Eiern ihr Beruf. Ihre Zuneigung zu den Nutztieren entdecken die meisten Landwirte erst, wenn sie gezwungen werden, alle Tiere im Stall zu töten. Wenn beispielsweise ein Fall von Rinderwahn aufgetreten ist, die Schweinepest wütet oder die Maul- und Klauenseuche. Es ist der leere Stall, den Bauern nicht ertragen. Denn die Leere stellt ihre Existenz materiell aber auch darüber hinaus in Frage. Aus Angst vor dem leeren Stall fordert der Deutsche Bauernverband nun Massenimpfungen gegen die Maul- und Klauenseuche.

Zum Thema Chronologie: Der jüngste Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Europa Die Impfungen waren 1991 in der EU aus zwei Gründen abgeschafft worden: Zum einen galten die europäischen Erreger der Tierseuche als ausgerottet. Zum anderen haben wichtige Fleisch-Importnationen wie Japan oder die USA ihre Märkte für geimpfte Tiere geschlossen. Mit anderen Worten: Wer Massenimpfungen gegen die Maul- und Klauenseuche zulässt, gilt nicht mehr als seuchenfrei und verzichtet damit auf wichtige Exportmärkte. Die Furcht, Absatzmärkte zu verlieren, ist denn auch das wichtigste Argument gegen die Impfung. Denn was haben Bauern davon, wenn sie ihre Nutztiere nicht mehr verkaufen können? Geimpfte Tiere sind von kranken Tieren nicht zu unterscheiden. Die Antikörper, die sie auf den Impfstoff bilden, entsprechen denen, die sie gegen das Virus der Maul- und Klauenseuche bilden. Im schlechtesten Fall holt sich der Importeur die Seuche ins Land. Denn auch geimpfte Tiere können das Virus unter Umständen weitertragen. Letztlich würden Massenimpfungen den Bauern lediglich ihre ökonomische Basis entziehen.

Die Massenimpfung hat aber noch einen weiteren Nachteil: Wird sie eingesetzt, verlieren die Tierärzte den Überblick über das Seuchengeschehen. Auch sie können geimpfte nicht von leicht erkrankten Tieren unterscheiden. Damit wäre die Maul- und Klauenseuche endgültig außer Kontrolle.

Und noch etwas spricht gegen die Impfung: Die Vorstellung, Tiergesundheit ließe sich mit pharmazeutischen Mitteln herstellen, ist falsch. Werden Nutztiere gegen eine Vielzahl von Krankheiten geimpft, vorsorglich mit Antibiotika behandelt oder gar mit Hormonen vollgepumpt, sind sie noch lange nicht gesund. Die Chemie lässt die Tiere die Bedingungen der Massentierhaltung lediglich bis zum Schlachttag ertragen. Doch wie die Verhältnisse derzeit liegen, werden sie danach ebenso vernichtet wie jene rund 400 000 Kühe, die wegen der BSE-Krise niemand mehr essen will. Denn geimpfte Tiere sind unverkäuflich. Was ist also besser? Die Tiere zu impfen, um sie nach der Schlachtung zu vernichten? Oder sie quasi präventiv zu töten? Es ist nur die Wahl zwischen zwei Übeln. Und erneut ein Argument gegen die industrielle Massenproduktion von Nutztieren.

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