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Meinung: Mazedonien: Deutsche Rolle rückwärts

Da kommt nach Wochen des wachsenden Entsetzens endlich einmal eine gute Nachricht aus Mazedonien: Das Abkommen von Skopje ist unterzeichnet, ein erster Schritt hin zur Aussöhnung getan. Aber die wichtigste Botschaft, die Unions-Außenpolitiker Volker Rühe dazu verbreitet, ist nicht etwa eine Hilfszusage, sondern eine Warnung: Abwarten, hinhalten, zuschauen.

Von Hans Monath

Da kommt nach Wochen des wachsenden Entsetzens endlich einmal eine gute Nachricht aus Mazedonien: Das Abkommen von Skopje ist unterzeichnet, ein erster Schritt hin zur Aussöhnung getan. Aber die wichtigste Botschaft, die Unions-Außenpolitiker Volker Rühe dazu verbreitet, ist nicht etwa eine Hilfszusage, sondern eine Warnung: Abwarten, hinhalten, zuschauen.

Volker Rühe ist nicht allein. Im Bundestag werden wieder Bedenken, Skepsis, Abwehr und Kritik die Tonlage bestimmen, da nun der Nato-Einsatz zur Friedenssicherung näherrückt und sich möglicherweise bald die Frage einer deutschen Beteiligung stellt: Was ist mit der Entwaffnung der Rebellen? Wer weiß, ob nicht doch wieder geschossen wird? Wer garantiert, dass der Einsatz in Mazedonien zeitlich begrenzt bleibt?

Alle diese Fragen sind berechtigt. Aber der durchgehende Verweigerungston der deutschen Debatte zu Mazedonien ist innerhalb der Nato-Länder einzigartig und zeigt, dass der offiziellen Berliner Außenpolitik etwas Wichtiges fehlt: der Rückhalt einer politischen Klasse, die willens ist, eine neue, größere internationale Verantwortung zu tragen. Der Start der rotgrünen Außenpolitiker vor drei Jahren hatte damals sogar deren Kritiker beeindruckt: Die Zustimmung der deutschen Regierungslinken zum KosovoEinsatz der Bundeswehr 1998 war erstaunlich klar. Denn aus der Opposition hätten sich die Grünen und Teile der SPD wohl gegen eine "Militarisierung der Außenpolitik" gewehrt.

Auch dem neuen Einsatz auf dem Balkan wird eine Mehrheit im Bundestag zustimmen, wenn es zum Schwur kommt. Aber die Selbstqualen der Grünen und die halbherzige Sammlungsbewegung der Einsatzverweigerer aus der SPD-Linken zeigen, dass die Regierungslinke seit ihrem Kosovo-Wagnis, zu dem sie damals der Machtwille zwang, ermattet ist.

Noch schlimmer aber wirkt nach außen, dass der Hang zum Isolationismus diesmal kein Privileg der Linken in Deutschland ist: Die Liberalen wackeln und scheinen käuflich, die Union rückt nicht von Rühes innenpolitisch motivierter Verweigerungstaktik ab und läuft so Gefahr, die eigene Tradition der Bündnistreue zu verraten. Hinter dem Kosovo-Einsatz stand das bürgerliche Lager noch geschlossen - schließlich hatte ihre Koalition die Vorarbeit geleistet. Aber offenbar zwingt in Deutschland nur das eiserne Korsett der Regierungsverantwortung Politiker zu einer stringenten Außenpolitik.

Schröder und Fischer scheinen gewillt, in Abstimmung mit den Partnern den deutschen Gestaltungsspielraum in der internationalen Politik zu nutzen oder gar vorsichtig zu erweitern - zumal von den Konfliktparteien in Nahost bis zu UN-Generalsekretär Kofi Annan viele sie dazu auffordern. Aber in Berlin fehlt das Bewusstsein, dass niemand seiner eigenen Bedeutung entkommt und deshalb deutsche Außenpolitik mit dem Gewicht des größten EU-Landes arbeiten muss - ob sie will oder nicht. Auch deshalb ist die Bundeswehr nun kaum in der Lage, den Nato-Auftrag zu erfüllen.

Deutschland wird nach vielen Querelen die paar hundert Soldaten für die Nato-Mission in Mazedonien entsenden, wenn denn die Konfliktparteien dort die Voraussetzungen schaffen. Aber es spricht wenig dafür, dass die parteiübergreifende Bewegung der Kleinmütigen die nächste unbequeme oder risikoreiche Frage der deutschen Außenpolitik mit mehr Elan entscheidet. Schade. Denn nur wer sich selbst vertraut, kann das Vertrauen anderer gewinnen.

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